Cross-modale Ikonizität und Indexikalität in der Finnischen Gebärdensprache

Keränen, Jarkko (Jarkko.j.keranen@jyu.fi)

Doktorand im Fachbereich für Sprach- und Kommunikationswissenschaften, Gebärdensprachzentrum, Universität Jyväskylä, Finnland - gefördert von der Finnischen Kulturstiftung (skr.fi/de)

Zum Vortrag an der Universität zu Köln (online via ZOOM), am 26. Oktober 2022

 

Zusammenfassung

In diesem Vortrag betrachte ich die cross-modale (d.h. sinnesübergreifende) Ikonizität (d.h. Ähnlichkeit) und Indexikalität (d.h. räumlich-zeitliche Kontiguität) bei der Produktion von lexikalischen sensorischen und emotionalen Gebärden in der finnischen Gebärdensprache (FinSL). In Gebärdensprachen (und Gestik) bietet das gestisch-visuelle System stark ikonische Ausdrücke für Handlungen und Objekte. In letzter Zeit wird die Ikonizität zunehmend als allgemeine Eigenschaft von Gebärdensprachen und gesprochenen Sprachen anerkannt (Perniss et al. 2010).

Es gibt zwei Arten von Ikonizität in Bezug auf die sensorische Modalität. Bei der intramodalen Ikonizität bleibt eine Ähnlichkeit innerhalb der gleichen sensorischen Modalität. Zum Beispiel ähnelt das visuell wahrnehmbare Gebärde VOGEL (mit den Händen flattern) dem visuell wahrnehmbaren Vogel (mit den Flügeln flattern) (visuell-visuell). Bei der cross-modalen Ikonizität ähnelt ein Gebärdenzeichen seinem Objekt über die verschiedenen Sinnesmodalitäten hinweg (Ahlner & Zlatev 2010): Die lautsprachlich artikulierten Wörter mumu und kiki werden als rund/weich und scharf/hart wahrgenommen (Klang - Berührung/visuell).

Modalübergreifende Ikonizität ist in der Gebärdensprachlinguistik nicht umfassend untersucht worden, was vielleicht an der vorherrschenden Zentrierung auf das Sehen liegt (ausnahmsweise Napoli 2017; Keränen 2021). Außerdem ist bekannt, dass Indexikalität (räumlich-zeitliche Kontinuität) mit Ikonizität einher geht. Zum Beispiel zeigt eine ikonische Hand, die etwas hält, eine unsichtbare Sache an, welche gehalten wird. Daher sollten sowohl Ikonizität als auch Indexikalität berücksichtigt werden, um ein besseres Verständnis der cross-modalen Muster in lexikalischen Gebärden zu erlangen. Außerdem betrachte ich die Muster nicht aus der Perspektive der Wahrnehmung (d. h. der bloßen Beobachtung von Gebärden), sondern aus der Perspektive der Produktion (d. h. der Produktion von Gebärden durch mich selbst), wobei ich davon ausgehe, dass nur die Produktion ein artikulatorisches Feedback und somit andere semiotische Prozesse hat.

In meiner Studie betrachte ich den Untersuchungsgegenstand aus der Perspektive der kognitiven Semiotik - der transdisziplinären Erforschung von Bedeutung, die Konzepte und Methoden aus der Linguistik, der Kognitionswissenschaft und der Semiotik verwendet (Zlatev 2015). Mit phänomenologischen Methoden - der systematischen Untersuchung menschlicher Erfahrungen - beschreibe ich sorgfältig die cross-modalen Muster in 118 lexikalischen sensorischen und emotionalen Gebärden in FinSL.

Auf der Grundlage der Ergebnisse komme ich zu dem Schluss, dass a) nur 10 der 118 Gebärden als cross-modal ikonisch angesehen werden können, b) cross-modale Ikonizität in hohem Maße diagrammatisch ist - Ähnlichkeit basiert auf internen Beziehungen (d.h. Volumen und Qualität), und c) alle 71 semantisch cross-modalen Gebärden von cross-modaler Indexikalität abhängen (d.h. Kontiguität über sensorische Modalitäten hinweg), d) artikulatorisches Feedback bei der Bildung semiotischer Muster eine Rolle spielt und e) Ikonizität und Indexikalität in den Gebärden stark verknüpft sind. Dies ist ein Beitrag zu verschiedenen Studien in der Gebärdensprachlinguistik, wie z.B. Literatur und Etymologie und zur allgemeinen Diskussion in Studien über die Bedeutungsbildung in semiotischen Systemen.

 

Quellen

Ahlner, F. & Zlatev, J. 2010. Cross-modal iconicity: A cognitive semiotic approach to sound symbolism. Sign Systems Studies 38(1/4). 300–345.

Keränen, J. 2021. Iconic strategies in lexical sensory signs in Finnish Sign Language. Cognitive Semiotics, 14(2), 163-187.

Napoli, Donna J. 2017. Iconicity chains in sign languages. In Claire Bowern, Laurence Horn & Raffaella Zanuttini (eds.), On looking into words (and beyond), 463–481. Berlin: Language Science Press.

Perniss, P., Thompson, R, L. & Vigliocco, G. 2010. Iconicity as a general principle of language. Frontiers in Psychology 1.