Forschung und Wissenschaft

Die Forschung am Lehrstuhl für Didaktik und Digitalisierung im Förderschwerpunkt körperliche und motorische Entwicklung ist interdisziplinär angelegt und bewegt sich an der Schnittstelle von Sonderpädagogik, Bildungswissenschaft, Disability Studies, digitaler Bildung und phänomenologischer Anthropologie. Zentrales Anliegen ist die Frage, wie Bildung unter den Bedingungen von Behinderung, Differenz und gesellschaftlicher Heterogenität so gestaltet werden kann, dass sie soziale Teilhabe, Anerkennung und Gerechtigkeit ermöglicht.

Ein leitendes Konzept ist dabei die Pädagogik der Ermöglichung, die auf einer subjekt- und lebensweltorientierten Grundhaltung basiert. Sie versteht pädagogisches Handeln nicht als Steuerung oder Normierung von Verhalten, sondern als eine professionelle Praxis des Wahrnehmens, Verstehens und Beantwortens menschlicher Ausdrucksformen – insbesondere leiblicher, nonverbaler oder vermeintlich abweichender Verhaltensweisen. Ausgehend von einem phänomenologischen Verständnis des Körpers als Ort von Weltbezug und subjektiver Sinngebung zielt diese Perspektive darauf, Bildungsprozesse zu eröffnen, die individuelle Bedeutungszuschreibungen ernst nehmen und strukturelle Bedingungen transformieren helfen. Die Pädagogik der Ermöglichung fragt nicht nach Defiziten, sondern nach den Bedingungen des Möglichen – auch und gerade dort, wo Bildung bisher ausgeschlossen war.

Die Forschungsprojekte des Lehrstuhls beschäftigen sich daher mit der Entwicklung und empirischen Erprobung inklusiver, digital sensibler und professionsethisch fundierter Konzepte im Kontext körperlicher und komplexer Behinderungen sowie chronisch-somatischer Erkrankungen. Weitere Forschungsschwerpunkte liegen in der Analyse von Demokratiebildungsprozessen, struktureller Bildungsungleichheit, intersektionalen Benachteiligungen sowie pädagogischen Herausforderungen im Kontext von Krankheit und Pflege.

Die methodische Ausrichtung ist vielfältig: Neben qualitativen und rekonstruktiven Forschungsansätzen werden auch partizipative und phänomenologische Zugänge verfolgt. Von besonderer Bedeutung ist die Einbindung der Perspektiven der Betroffenen selbst – etwa in Form inklusiver Forschungsdesigns, kooperativer Wissensproduktion oder forschenden Lernens in der Lehrer*innenbildung.

Der Lehrstuhl versteht Forschung als Beitrag zur kritischen Reflexion pädagogischer Praxis und zur Gestaltung gerechterer Bildungs- und Gesellschaftsverhältnisse. Forschung und Lehre stehen dabei in einem engen, dialogischen Verhältnis – getragen von einer professionellen Verantwortung für Bildung als Ermöglichung.

Forschungsschwerpunkte

  • Inklusive Didaktik und Digitalisierung
    Untersuchung von digitalen Lernumgebungen und Technologien zur Förderung der Teilhabe von Menschen mit Behinderungen.
  • Ethik der Sorge und reflektierte Fürsorge
    Analyse von Fürsorgepraktiken und deren Bedeutung für Bildungsprozesse im Kontext von Behinderung und Krankheit.
  • Demokratiebildung und soziale Gerechtigkeit
    Forschung zu Bildungsprozessen, die demokratische Teilhabe und soziale Inklusion fördern.
  • Intersektionalität und Bildungsungleichheit
    Untersuchung der Wechselwirkungen von Behinderung mit anderen sozialen Kategorien wie Geschlecht, Herkunft und sozioökonomischem Status.
  • Pädagogik bei Krankheit und Pflege
    Entwicklung von Konzepten zur Bildungsarbeit mit Menschen in pflegerischen Kontexten oder mit chronischen Erkrankungen.