Migration und Organisation . Diskurse , Praxen und Strukturen im Bildungs- und Sozialwesen

Gemeinsames Kolloquium der Universität zu Köln und der TH Köln

>> WiSe 18/19 >> mittwochs 18.00-19.30 Uhr

 

 

17.10.18

Können Institutionen lernen? Über das Arbeiten in interkulturellen „Projecten“ am Beispiel der sprachlichen Bildung

Hans-Joachim Roth (Universität zu Köln)Der Vortrag thematisiert die

Herausforderung eines strategischen Wandels in der Steuerung im Bildungssystem. Dieser Wandel bezieht sich auf die in den letzten Jahren verstärkt zu beobachtenden Prozesssteuerung in Abgrenzung zur lange Zeit dominierenden Steuerung über Strukturen. Das ist verbunden mit der Einsetzung von in der Zielsetzung und zeitlich begrenzten Projekten, die Institutionen dahin bringen, ihre Entwicklung in den Blick zu nehmen und dafür Planung und Evaluation zu verankern. Im Kontext dessen hat sich ein neuer Steuerungsmechanismus etabliert, der diese Prozesse ebenfalls zeitlich befristet begleitet und netzwerkartig ausrichtet. Das betrifft insbesondere auch Projekte und Maßnahmen in interkulturellen und migrationsgesellschaftlichen Kontexten. Im Vortrag wird die Thematik historisch-systematisch entfaltet und am Beispiel von Großprojekten zur sprachlichen Bildung (FörMig, BiSS) veranschaulicht.   

 

31.10.18

Organisation kommunaler Integrationspolitik: Chancen und Herausforderungen

Andreas Deimann (Ministerium für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration NRW, Düsseldorf)

 

Seit 2012 haben die kreisfreien Städte und Kreise in NRW Kommunale Integrationszentren (KI) geschaffen. Sie sind eine institutionalisierte Antwort auf zwei integrationspolitische Herausforderungen: die ungleich schlechteren Bildungschancen der eingewanderten Bevölkerung und die Tatsache, dass Integration nur gelingt, wenn vor Ort die Bedarfe der Menschen ermittelt und die vielfältigen Angebote systematisch abgestimmt werden. Die Aufbauphase der KI ist sechs Jahre nach der Schaffung ihrer gesetzlichen Grundlage abgeschlossen. Ihre Einrichtung hat sich besonders bewährt, angesichts der großen Schwierigkeiten, die das Land und die Kommunen 2015/16 in Folge der einmalig großen Neuzuwanderung hatten. Jetzt steht eine Konsolidierungsphase bevor, die neue Chancen und Herausforderungen bereithält über die es sich zu diskutieren lohnt.


07.11.18

Empowerment im Spannungsfeld von Repräsentation und Anerkennung. Aktuelle Herausforderungen für Migrant*innenorganisationen und Vereine Jugendlicher mit Migrationshintergrund (VJM)   

Birgit Jagusch (Technische Hochschule Köln)

 

Während der letzten zehn Jahre konnten Vereine von Jugendlichen mit Migrationsgeschichten (VJM) sich in den Arenen der Jugendverbandsarbeit deutlich positionieren und Sichtbarkeit sowie Gehör finden. Das Engagement der VJM trägt dabei in hohem Maße zum Empowerment von minorisierten Jugendlichen bei und kann wertvolle Impulse zur Etablierung von Diversität in der Jugendarbeit leisten. Gleichzeitig ermöglichen es die verschiedenen Konzepte und Ansätze der Strukturveränderungen der interessenspolitischen Vertretungsorgane der Jugendverbände – darunter insbesondere Jugendringe – den VJM Zugang zu den jugendverbandspolitischen Arenen zu eröffnen. Diese Dualität von Empowerment und Powersharing kann einerseits als gelingendes Exempel der diversitätsorientierten Öffnung von Jugendverbandsarbeit bezeichnet werden, andererseits konnten sich diese Praxen bislang nicht flächendecken durchsetzen. Der Vortrag zeichnet daher die Entwicklungslinien der diversitätsorientierten Öffnung nach, fragt nach Gelingensbedingungen von Empowerment und Powersharing und skizziert aktuelle Herausforderungen.

 

21.11.18

Institutionalisierung von unten? Zur Transnationalisierung des Pflege- und Betreuungsmarktes  in Deutschland

Aranka Vanessa Benazha (Goethe-Universität Frankfurt)

 

Die zunehmende Privatisierung und Ökonomisierung öffentlicher Aufgaben hat in den westlichen Wohlfahrtsstaaten zu einer Expansion des Dienstleistungsmarktes geführt, zu dem insbesondere die Pflege und medizinische Versorgung gehören.

Ein Charakteristikum dieser Entwicklung ist die Ausbildung transnationaler Care Spaces, bei der Vermittlungsagenturen grenzüberschreitender Pflege- und Betreuungsleistungen eine Schlüsselrolle zukommt. Doch obwohl sich die Beschäftigung (zumeist) weiblicher, aus Mittel- und Osteuropa stammender Betreuungskräfte in deutschen Pflegehaushalten längst zu einem gesellschaftlich akzeptierten Weg entwickelt hat, um familiale Fürsorgelücken zu füllen, wird das Phänomen von staatlicher Seite ignoriert bzw. stillschweigend toleriert. Das Fehlen klarer rechtlicher Regelungen hat zur Entstehung eines grauen Marktes mit häufig intransparenten Geschäftspraktiken beigetragen. Gleichzeitig ist eine, maßgeblich durch Interessensverbände vorangetriebene, Institutionalisierung »von unten« erkennbar. Ziel ist, nach österreichischem Vorbild, als reguläre »dritte Säule« im Pflegesystem anerkannt zu werden. Dass mit der Formalisierung auf der organisationalen Ebene allerdings auch eine Formalisierung der Arbeit(-sbedingungen) einhergeht, erscheint höchst zweifelhaft. Welche Rechtfertigungsnarrative von den Agenturen in diesem Zusammenhang vorgebracht werden, soll in diesem Vortrag auf der Grundlage erster Forschungsergebnisse des D-A-CH-Projekts Gute Sorgearbeit? Transnationale Home Care Arrangements erörtert werden. Besonderes Augenmerk liegt dabei auf der Frage, wie soziale Differenzierungen und transnationale Ungleichheiten zur Legitimierung des eigenen Geschäftsmodells genutzt werden.       

 

05.12.18

Diversitymanagement an Hochschulen

Günther Vedder (Universität Hannover)

 

An Hochschulen treffen sehr unterschiedliche Menschen mit ihren Erwartungen, Bedürfnissen, Talenten usw. aufeinander. Aus dieser Diversität in der Wissenschaft resultieren besondere Chancen und Risiken. Damit muss in der Lehre, aber auch in der Verwaltung konstruktiv umgegangen werden. Das Diversitätsmanagement bietet dafür einen strategischen Rahmen an. Dr. Günther Vedder wird über seine langjährigen Erfahrungen mit personeller Vielfalt an deutschen Hochschulen berichten. 

 

19.12.18

(Hoch-)Schulentwicklung in der Migrationsgesellschaft

Yasemin Karakaşoğlu (Universität Bremen)

 

Staatliche Schulen und Hochschulen haben einen umfassenden Bildungsauftrag in demokratisch verfassten, nationalstaatlichen Gesellschaften. Ihnen kommt ebenso die Aufgabe zu, die individuelle Persönlichkeitsentfaltung zu fördern, wie auch umfassende gesellschaftliche Partizipation und Reproduktion zu ermöglichen. Unter den Bedingungen von Globalisierung und Migration sind sie aufgefordert ihre nationalstaatliche Perspektive weltgesellschaftlich zu transformieren. Was dies für die Organisationsentwicklung auf verschiedenen Ebenen der beiden Institutionen bedeutet, ist Gegenstand kritischer Reflexion im Rahmen des Vortrags.

 

09.01.19

Globale Schulwahlentscheidung und nationale Schulstrategie. Internationale Schüler*innen an privaten Internatsgymnasien in Deutschland

Henrike Terhart (Universität zu Köln)

 

Jugendliche aus dem Ausland, die private Internatsgymnasien in Deutschland mit dem Ziel besuchen, das Abitur zu machen, stellen keine Seltenheit dar. Einige Internatsgymnasien reagieren auf die Nachfrage von Familien mit entsprechenden Angeboten. In dem Vortrag wird auf Grundlage einer qualitativen Inhaltsanalyse zunächst ein Überblick über internationale Schüler*innen auf den Webseiten von Internatsgymnasien in Deutschland geben. Darauf aufbauend werden anhand einer interviewbasierten Fallanalyse die Erwartung(sbeziehungen)en eines Schülers aus China, seines Vaters sowie des Internatsleiters im Hinblick auf den Wechsel in das deutsche Schulsystem vorgestellt. Deutlich wird, dass in der gemeinsamen Hervorbringung internationaler Bildungskarrieren der Bezug auf das deutsche Schulsystem in einem globalisierten Setting für alle Beteiligten von zentraler Bedeutung ist.

 

23.01.19

Wissensbegegnungen in (post-)globalen Kontexten

Nicolas Engel (Universität Nürnberg-Erlangen)

 

Mit der Figur der Wissensbegegnung wird eine übersetzungstheoretische Betrachtung globaler und transnationaler Vergesellschaftung vorgeschlagen. Entgegen einer in der Transnationalisierungs- bzw. Globalisierungsforschung oftmals euphorisch-globalen Thematisierung eines 'über die Nation hinaus' lassen sich damit grenzüberschreitende Wissensbegegnungen als (Zer-)Störungsprozess von Identität und als Reformulierungsprozesse von Geltung fokussieren. Der Vortrag nimmt in dieser Perspektive das Verhältnis von Migration und Organisation in den Blick und möchte zeigen, inwiefern es pädagogisch sinnvoll erscheint, Organisationen als konfliktäre Räume der Wissensbegegnungen zu begreifen.