Landesprojekt »Wirklichkeit und Phantasie«, Thüringen

Projekte

 

Das Projekt wurde Ende 2004 abgeschlossen. Es hatte die Aufgabe in vier Einrichtungen eine zeitgemäße Umsetzung des Bildungsgedankens konzeptuell zu verwirklichen und zu formulieren. Dieses Projekt war Ausgangspunkt für den Schwerpunkt Fortbildung. In ihm wurden die Grundzüge des Fortbildungsmodells entwickelt, das seither differenziert und weiter ausgebaut wurde.

Innerhalb dieses Landesprojekts entstand das Fortbildungskonzept der Weimarer Sommerakademien.

Kontakt

Dipl. Päd. Antje Steudel (geb. Notholt)

Universität zu Köln
Humanwissenschaftliche Fakultät
Institut für Bildungsphilosophie, Anthropologie und Pädagogik der Lebensspanne
Frühe Kindheit und Familie
Gronewaldstr. 2
D-50931 Köln

Tel. 0221-470-5297
Fax. 0221-470-7753
EMail antje.steudel@web.de 

Projektbeschreibung

Das Projekt »Bildung im Elementarbereich - Wirklichkeit und Phantasie« nimmt die im Weimarer Modellprojekt »Schule der Phantasie« entwickelten und praktizierten Vorstellungen einer ästhetischen Bildung im frühen Kindesalter auf. Es werden Wege aufgezeigt, wie Kinder sich - ausgehend von ihren eigenen Wahrnehmungen und ihrem bisherigen Erfahrungsstand - ihre Welt erschließen.

Das Modellprojekt ist für vier Einrichtungen konzipiert und auf vier Jahre angelegt. Innerhalb dieses Zeitraums soll, eine pädagogische Konzeption in den beteiligten Tageseinrichtungen für Kinder entwickelt werden. Dabei will das Projekt durch ein Fortbildungskonzept Erzieherinnen dazu anregen, die eigene Praxis immer wieder neu zu bedenken und so Schlüsse für das eigene pädagogische Tun zu ziehen, die durch die Verbindung zu zeitgemäßen Theorien gesichert werden. Die Mitarbeiterinnen der beteiligten Einrichtungen werden als das Zentrum einer Projektarbeit betrachtet, die als gemeinsamer und kreativer Lernprozess angelegt ist. Gemeinsames, forschendes Lernen gerade mit Kindern wird zu einer Quelle prinzipiell nicht abschließbarer Kompetenzerweiterung.

Der Bildungsgedanke, der dem Projekt zugrunde gelegt wird, begreift Kinder als autonome Subjekte, die sich ihre Welt durch ihr eigenes Wahrnehmen, Fragen und Denken erschließen. Bildung besteht aus dieser Perspektive aus einem Sich-Bilden von Geburt an. Dieses Sich-Bilden vollzieht sich nicht von selbst und auch nicht in einem luftleeren Raum, sondern in der Kommunikation mit der umgebenden Welt. Dazu benötigen die Kinder den Austausch mit Erwachsenen, um zusammen mit ihnen ihr Wahrnehmen, Fragen und Denken voranzubringen. Dabei geht es jedoch nicht darum, den Kindern vorzugeben, was richtig und zu tun wäre. Vielmahr sollten die eigenen Kräfte und Fähigkeiten des Kindes durch ein "beiseite stehen" im Sinne eines hilfreichen Rahmens unterstützt werden. Das Kind kann seinen Bildungsprozeß letztlich nur selbst in einer sachlichen, sozialen und geistigen Umgebung vorantreiben und gestalten, die seine Auseinandersetzung mit der Welt trägt, gelegentlich erträgt und durch Fragen und Anregungen herausfordert. Bildung als Selbst-Bildung hebt nicht den helfenden, erziehenden und gegebenenfalls lehrenden Beitrag der Erwachsenen auf, sondern erfordert eine Qualität dieser Beiträge, welche die eigenen Bildungstätigkeit des Kindes nicht übergeht, sondern sie bestmöglich anregt. Der Sensibilität der Wahrnehmung, ihrer ästhetischen Ordnung und Ausgestaltung kommt dabei eine ebenso hohe Bedeutung zu, wie der Klärung der Gedanken.

Die Beschäftigung mit ästhetischen Aspekten frühkindlicher Bildung im Projekt »Schule der Phantasie« wird dafür als ein Ausgangspunkt betrachtet, der auch im Folgeprojekt beibehalten wird. Unter »ästhetisch« wird dabei alles verstanden, was mit der eigenen Wahrnehmung, sowie der Ordnung und Gestaltung dieser Wahrnehmung zu tun hat. Auch Erfahrungen in sozialen, sachlichen, wissenschaftlichen und kulturellen Bereichen haben ästhetische Grundlagen. Daraus ergibt sich für die Weiterentwicklung des Projekts »Schule der Phantasie« die Aufgabe, zu klären, wie Kinder sich ein Verständnis der natürlichen, kulturellen und sozialen Welt aus den Wahrnehmungserfahrungen heraus erschließen. Es müssen also Brücken geschlagen werden zwischen sinnlichen Erfahrungen, den Welten der Vorstellungen und der Phantasie, sowie den sachlichen, kulturellen und sozialen Weltbezügen, sowie der Welt der Sprache(n) und der Kommunikation.

Vor diesem Hintergrund stellt sich die Struktur des Projektes »Bildung im Elementarbereich - Wirklichkeit und Phantasie« wie folgt dar:

1. Vorbereitungsphase

In einer zweitägigen Einführungsveranstaltung mit allen Projektbeteiligten werden die inhaltlichen und organisatorischen Hintergründe des Projektes, sowie die ausgewählten Kindertageseinrichtungen vorgestellt, um ein erstes Kennenlernen zu ermöglichen.

Im Anschluß erhalten die MitarbeiterInnen der beteiligten Einrichtungen an einem Fortbildungstag in Weimar einen fundierten Einblick in die zugrunde liegenden Bildungsgedanken.

2. Hauptphase

Das Projekt bietet Fortbildung auf verschiedenen Ebenen an. Das Fortbildungsangebot hat dabei die Struktur eines Baukastens, aus dem man wählen kann.

Die verschiedene MitarbeiterInnen der vier beteiligten Einrichtungen haben die Möglichkeit an den einzelnen Fortbildungsmodulen teilzunehmen und die Aufgabe, das dort erfahrene in die Praxis der Einrichtung zu tragen. Dabei wird angestrebt, den gesamten geplanten Fortbildungsprozess umfänglich und inhaltlich für jede einzelne Einrichtung koordiniert zu gestalten. Es soll jedoch auch möglich sein, z.B. bei bestimmten Interessenlagen einzelner Einrichtungen, die eingeplanten Modulthemen nach Schwerpunkten zu variieren.

Die Fortbildungsmodule konzentrieren sich auf folgende Bereiche:

  1. Im Modul Bildungsprozesse geht es um die Wahrnehmung und das Erkennen von Bildungsprozessen in der alltäglichen Praxis.
  2. Im Modul Fallgespräche erfolgt die Verbindung von Theorie und Praxis in der gemeinsamen Reflexion über Fallgeschichten. Auf der Ebene gegenwärtigen theoretischen Wissens wird über pädagogische Möglichkeiten und Konzepte nachgedacht.
  3. Im Modul Theorien und Konzepte besteht die Möglichkeit, sich über vorliegende Theorien und Modelle frühkindlicher Erziehung und Bildung nach Interessenlage zu informieren.
  4. Im Modul Institution und Organisation geht es um die Untersuchung der institutionellen und organisatorischen Strukturen einschließlich ihrer pädagogischen Implikationen.
  5. Im Modul Weltwissen geht es um die Erschließung von Sachbereichen (Natur und Sprache/Kommunikation) für kindliche Bildungsprozesse vor dem Hintergrund des Gedankens einer ästhetisch aufbereiteten Wahrnehmung.Das Modul dient der Vertiefung des sachlichen Wissens der projektbeteiligten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Themenbereichen, die für frühe Bildungsprozesse bedeutsam erscheinen.
  6. Im Modul Ästhetische Bildung stehen die Anregung der eigenen Gestaltungskraft und der individuellen Ausdrucksmöglichkeiten im Mittelpunkt.

Während die Module 2 bis 6 an einem zentralen Fortbildungsort in Weimar stattfinden, wird im Modul Bildungsprozesse eine Projektmitarbeiterin die Einrichtungen vor Ort aufsuchen. Durch gezielte und ungezielte Beobachtungen sollen hier die Bildungsprozesse des Kindes in den Einrichtungen zunächst in den Blick gerückt und dann reflektiert werden. Die regelmäßigen Beobachtungen und ihre gedankliche Auswertung bilden den Hintergrund, vor dem der Bildungsauftrag der Tageseinrichtungen und die pädagogische Arbeit in ihr genauer geklärt werden. Das beobachtende Nachdenken über die eigene Praxis wird mit den Erfahrungen aus den anderen Modulen verknüpft. Aus dem Zusammendenken der verschiedensten Anregungen aus unterschiedlichen Modulen gestalten sich die Bildungsvorstellungen der Erzieherinnen.

Abweichend von den übrigen fünf Modulen werden sich Erzieher und Erzieherinnen im Modul Weltwissen über einen begrenzten Zeitraum von etwa 5 Tagen in (Sommer- oder Winter-) Akademien mit den genannten Fragestellungen auseinandersetzen. Diese Akademien werden keine Fachkurse sein, die eine Schnellfortbildung in einem kleinen naturwissenschaftlichen Bereich anzielen, sondern Foren, in denen, ausgehend von eigenen Wahrnehmungen und Fragestellungen der ErzieherInnen, das klärende Gespräch darüber gesucht wird

3. Nachbereitungsphase

Am Ende der Hauptphase des Projektes soll im Rahmen eines zweitägigen Abschlusstreffens an einem Wochenende jede einzelne Einrichtung die Gelegenheit erhalten, im Gespräch mit den Projektverantwortlichen ihre Entwicklungen und Erfahrungen sowie Ergebnisse und Vorstellungen für die Weiterentwicklung und Umsetzung des jeweiligen Bildungsplans in der Nachprojektphase darzustellen und damit diese Fortbildung abzurunden.