Entwicklung eines Modells zur Perfektionismus-spezifischen Variation in der Fehlerverarbeitung: Überprüfung der Optimierungs- und Vermeidungshypothese in einem multimodalen Ansatz

Verantwortlich

Prof. Dr Jutta Stahl jutta.stahl[uk]uni-koeln.de

Weiter verantwortlich

Zeitraum

01.10.2019-30.09.2022

Förderung

Beschreibung

Ein Fehler ist—rational betrachtet—das Ergebnis einer Handlung, die vom erwarteten Ziel abweicht. Ein solches Handlungsergebnis kann als Information für die Optimierung zukünftigen Verhaltens genutzt werden. Perfektionisten mit hohen persönlichen Standards scheinen dies erfolgreich umzusetzen. Ein Fehler kann jedoch—emotional betrachtet—auch als ein Zeichen für persönliches Versagen interpretiert werden und somit sorgenvolle Gedanken insbesondere bei bewertungsängstlichen Perfektionisten auslösen. Perfektionismus kann also Fluch und Segen zugleich sein. Im vorliegenden Projekt sollen Variationen in der Fehlerverarbeitung mit einem multimodalen Ansatz untersucht werden. Ein neuentwickeltes Modell zu Perfektionismus-spezifischen Variationen in der Fehlerverarbeitung soll in einer Reihe von drei elektrophysiologischen Untersuchungen (Studie 1 und 4 je: N = 84, Studie 3: N = 134) und einer Verhaltensstudie (Studie 2: N = 74) mit seinen zwei Kernhypothesen (Optimierungshypothese und Vermeidungshypothese) untersucht werden. Diese Hypothesen werden bezüglich der Vorhersagen zu Perfektionismus-spezifischen Variation der Verhaltensparameter (u.a. Reaktionszeit, Fehlerraten), der fehlerspezifischen Komponenten des ereigniskorrelierten Potentials (Fehlernegativität, Fehlerpositivität) und Indikatoren der Multivariate-Pattern-Analyse systematisch untersucht. Zusätzlich werden individuelle Variationen in der Akkumulation der Fehlerevidenz mittels Drift-Diffusion-Modells, eines mathematischen Ansatzes zur Modellierung von Entscheidungsprozessen, geprüft. Durch ein neuentwickeltes Paradigma mit acht alternativen Reaktionen soll eine höhere Varianz der Fehlerrate im Vergleich zu einfacheren Aufgaben erzeugt werden. Bei höherer Aufgabenschwierigkeit dient Studie 1 zunächst als konzeptuelle Replikation der Vorgängerstudien. In Studie 2 und 3 werden die Vorhersagen der Vermeidungshypothese (d.h. rein bewertungsängstliche Perfektionisten vermeiden, wenn möglich, die Fehlerverarbeitung) und die der Optimierungshypothese (d.h. Perfektionisten mit hohen persönlichen Standards suchen viele Informationen über ihre Handlungen) differenzierter geprüft. Hierzu wird den Probanden u.a. die Gelegenheit gegeben, Fehlerverarbeitung entweder zu vermeiden oder möglichst viele Informationen aus dem Handlungsergebnis aufzunehmen. Durch eine Fehlerakzeptanzübung soll in der letzten Studie getestet werden, ob eine Reduktion der fehlerbezogenen Sorgen zu einer Reduktion der Vermeidung und somit zu einer Verbesserung der Fehlerverarbeitung insbesondere bei bewertungsängstlichen Perfektionisten führt. Die Ergebnisse der Studien sollen neue Einblicke in Variationen der grundlegenden Fehlerverarbeitungsmechanismen geben, die auch für die Entwicklung von Interventionen gegen ungesunde perfektionistische Fehlerverarbeitungsstrategien von Bedeutung sein können.

Description

From a rational perspective, an error is the result of an action that deviates from the expected goal. Thus, an erroneous performance can be used as information to optimize future behaviour. Perfectionists with high personal standards seem to follow this strategy successfully. From an emotional perspective, an error can be regarded as a sign of personal failure and thus induce a high amount of worrying, especially in evaluative-concerns perfectionists. Thus, perfectionism can be boon and bane at the same time. The present project will investigate variations in error processing with a multimodal approach. We present a model of perfectionism-related variations in error processing with two core hypotheses: optimization hypothesis and avoidance hypothesis. The hypotheses will be examined in a series of three electrophysiological studies (Studies 1 and 4 each: N = 84, Study 3: N = 134) and one behavioural study (N = 74). We want to systematically examine the perfectionism-related hypotheses by considering (a) several behavioural parameters (e.g. response time, error rates), (b) two error-specific components of the event-related potential (error negativity, error positivity), and (c) specific indicators of the multivariate pattern analysis. Perfectionism-related variations in error-evidence accumulation will be examined by drift-diffusion model analyses—a mathematical approach to model decision-making processes. A newly developed paradigm with eight response alternatives will be used as task, which is aimed at increasing the variance of error rates compared to simpler tasks. Study 1 serves as a conceptual replication of previous findings with a higher task difficulty. In Study 2 and Study 3, we will examine the predictions of the avoidance hypothesis (the assumption that pure evaluation-concerned perfectionists avoid error processing if possible) and those of the optimization hypothesis (the assumption that perfectionists with high personal standards are trying to gather as much information about their actions as possible) more detailed. For this purpose, participants will be given the opportunity to either avoid error processing or to use as much information as possible from the outcome of their actions. In the last study, an error acceptance exercise will be used to examine if a reduction of error-related worrying leads to a reduction of the avoidance of errors and thus to an improvement of error processing, especially for evaluative-concerns perfectionists. The results of the studies will provide insights into variations of basic error processing mechanisms, which may be beneficial for the development of interventions to reduce unhealthy perfectionistic error processing strategies.