Kindersprachprojekt

(Boenisch/Sachse 2007)

Dieses Kindersprachprojekt wurde zwischen 2003 und 2006 in verschiedenen Kindergärten in Sachsen-Anhalt, NRW und Rheinland-Pfalz durchgeführt. Insgesamt haben 46 Kinder mit Körperbehinderungen und 25 Kinder ohne Beeinträchtigungen im Alter von 2;3-7;7 Jahren teilgenommen. In vorstrukturierten und vergleichbaren Spielsituationen hat jeweils eine erwachsene Person mit einem oder zwei Kindern mit einem Puppenhaus gespielt und im Anschluss Bilderbücher angeschaut. Die Spontansprache der Kinder aus beiden Gruppen wurde transkribiert und in Bezug auf den Wortschatzgebrauch (Worthäufigkeit und Wortarten) analysiert. Insgesamt gingen ca. 55.000 Wörter in die Analysen ein.


Betrachtet man die am häufigsten gebrauchten Wörter (Top 100, siehe unten) wird deutlich, dass sich der Gebrauchswortschatz der Kinder mit Körperbehinderungen - trotz erheblicher Unterschiede in der Sprachentwicklung - nur geringfügig vom Gebrauchswortschatz der Kinder ohne Behinderungen unterscheidet, d.h. beide Gruppen nutzen nahezu den gleichen Kernwortschatz. Zudem zeigen die Analysen, dass sich der Großteil des Kernwortschatzes aus sog. Funktionswörtern (z.B. Pronomen, Konjunktionen, Hilfsverben, Adverbien) zusammensetzt und nur verhältnismäßig wenig Inhaltswörter (Substantive, Verben, Adjektive) verwendet werden (hierzu ausführlicher Boenisch et al. 2007).


Die Untersuchung verweist weiterhin darauf, dass die 100 am häufigsten gebrauchten Wörter in der Alltagssprache bei den Kindern mit Körperbehinderung 65% (n=32.000 Wörter) und bei Kindern ohne Behinderung 66% (n=23.000) der insgesamt gesprochenen Wörter ausmachen.


Top 100 aus dem Kindersprachprojekt (Boenisch/Sachse/Musketa 2007)

 

Kinder mit Körperbehinderungen (n=47)

 

Kinder ohne Behinderungen
(n=25)

ja

1

ein/e/er...

ein/e/er/...

2

ist/bin...

das

3

das

ist / bin/...

4

und

da

5

die

ich

6

hier

die

7

ja

und

8

ich

der

9

da

nein

10

haben

hier

11

der

was

12

mal

mal

13

noch

nicht

14

nicht

noch

15

nein

du

16

auch

jetzt

17

so

so

18

was

haben

19

jetzt

auch

20

wir

wo

21

mit

oh

22

aber

können

23

können

machen

24

müssen

wir

25

in

kommen

26

dann

guck

27

guck

den

28

hm

rein

29

auf

Auto

30

den

denn

31

machen

mit

32

wo

Bett

33

man

auf

34

schon

in

35

mmh

aber

36

rein

hin

37

du

doch

38

sich

man

39

zu

Papa

40

doch

mmh

41

Bett

müssen

42

oh

ah

43

weil

zu

44

hin

wissen

45

kommen

dann

46

Kinder

Mama

47

Tisch

Ball

48

dem

es

49

es

mein/e/er…

50

nur

alle

51

denn

Baby

52

wieder

Stuhl

53

immer

wieder

54

Mama

mir

55

oder

na

56

wissen

gehen

57

ganz

hallo

58

vielleicht

schlafen

59

für

Tisch

60

unten

weil

61

Papa

weg

62

Haus/e

wollen

63

wie

essen

64

im

er

65

ins

bitte

66

an

alles

67

passt

ins

68

Schrank

mh

69

er

oben

70

aus

sich

71

Auto

wie

72

wenn

zwei

73

zwei

mehr

74

bei

oder

75

Kissen

für

76

runter

an

77

sie

drin

78

bisschen

schon

79

oben

raus

80

von

gucken

81

zum

Haus

82

Küche

Oma

83

mir

Puppe

84

stehen

aus

85

gehen

Bus

86

Kind/er

ey

87

dort

gut

88

gar

dem

89

soll

unten

90

Stuhl

warte

91

Adler

Banane

92

eins

sie

93

schlafen

dich

94

äh

äh

95

will

Schrank

96

drauf

rot

97

Oma

gelb

98

also

hart

99

weg

 

Weitere Informationen:


Boenisch, J./Sachse, S. (2007): Sprachförderung von Anfang an. Zum Einsatz von Kern- und Randvokabular in der frühen Förderung. In: Unterstützte Kommunikation, 3/2007, 12-20.


Boenisch, J./Musketa, B./Sachse, S. (2007): Die Bedeutung des Vokabulars für den Spracherwerb und Konsequenzen für die Gestaltung von Kommunikationsoberflächen. In: Sachse, S./Birngruber,C./Arendes, S. (Hrsg.): Lernen und Lehren in der Unterstützten Kommunikation.Karlsruhe, 355-371.


Sachse, S./Boenisch, J. (2009): Kern- und Randvokabular in der Unterstützten Kommunikation: Grundlagen und Anwendung. In: von Loeper/ISAAC (Hrsg.): Handbuch der Unterstützten Kommunikation, Teil 1: Grundlagen, Karlsruhe.