Einfluss von Reizstärke und Aufmerksamkeit auf evaluatives Lernen
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Verantwortlich

Prof. Dr. Christoph Stahl christoph.stahl[uk]uni-koeln.de

Zeitraum

01.04.2019-31.03.2022

Beschreibung

Eine zentrale Frage psychologischer Forschung untersucht den Ursprung von Vorlieben und Abneigungen, also den Erwerb von Einstellungen oder evaluatives Lernen. Als Erklärungsmodelle stehen sich Ein- und Zwei-Prozess-Modelle gegenüber: Erstere erklären Lernen als Produkt propositionaler, bewusster Prozesse (Lovibond & Shanks, 2002; Mitchell, De Houwer, & Lovibond, 2009); letztere postulieren, neben propositionalen Denkprozessen, zusätzlich die Existenz automatischer assoziativer Prozesse, die in der Umwelt vorhandene Regelhaftigkeiten extrahieren und unabhängig von Bewusstsein operieren (McLaren et al., 2014).Zentrales Paradigma ist das evaluative Konditionieren (EC). EC-Effekte sind definiert als Bewertungsänderungen, die auf die Paarung neutraler konditionierter Reize mit valenten Reizen zurückgeführt werden (De Houwer, 2011). Das prominente Zwei-Prozess-Modell evaluativer Prozesse von Einstellungserwerb und -änderung (Associative-Propositional Evaluation, APE; Gawronski & Bodenhausen, 2006) charakterisiert assoziatives evaluatives Lernen als unintentional, effizient, unkontrollierbar und insbesondere als unabhängig von Bewusstsein (Gawronski & Bodenhausen, 2014). Der Interpretation des EC-Phänomens als Evidenz für assoziative Prozesse stehen jedoch auch Erklärungsansätze gegenüber, die EC-Effekte ausschließlich mit propositionalen Prozesses erklären (Mitchell, De Houwer, & Lovibond, 2009), und es ist umstritten, inwiefern automatische assoziative Prozesse für die Erklärung von EC-Effekten notwendig sind (Corneille & Stahl, 2018). Die Frage, ob EC ohne Bewusstsein zustande kommt, ist nicht nur für den Einstellungserwerb von großer Bedeutung, sondern hat eine zentrale Stellung auch in der Debatte um allgemeine Lerntheorien (Lovibond & Shanks, 2002).Das Projekt prüft die Hypothese unbewussten automatischen evaluativen Lernens. Es liegt vor, wenn die zu verknüpfenden Reize so kurz dargeboten werden, dass sie nicht bewusst wahrgenommen werden können. Die unbewusste Wahrnehmung kann objektiv anhand der Diskriminationsleistung überprüft werden (z.B. Können Probanden den präsentierten Reiz aus mehreren Reizen auswählen?). Entgegen unseren eigenen Ergebnissen (Stahl, Haaf, & Corneille, 2016) legen aktuelle Befunde nahe, dass unbewusstes Lernen auch bei Diskriminationsleistung auf Zufallsniveau möglich ist (Greenwald & De Houwer, 2017); es wird geprüft, inwiefern dieser Befund genuin evaluatives Lernen darstellt. Subjektive Bewusstseinsmaße fokussieren stattdessen auf das Wahrnehmungserleben (ob man den Reiz nur kurz aufblitzen sah; ein Merkmal erkennen konnte; bzw. den ganzen Reiz deutlich gesehen hat); es wird geprüft, ob EC-Effekte auch ohne bewusstes Wahrnehmungserleben zustande kommen. Einstellungen sind implizit (und unkontrollierbar), insofern sie introspektiv nicht zugänglich sind und kein Wissen über ihre Entstehung verfügbar ist. Diese Voraussetzungen werden mithilfe aktueller Methoden der impliziten Lern- bzw. Gedächtnisforschung geprüft.