Wie platziert sich der Kölner Zoo gegenüber den Einwanderern mit türkischem Migrationshintergrund?

Forschungsprojekt

Leiter

Prof. Dr. Wolf-Dietrich Bukow

MitarbeiterInnen

Rebecca Müller
Kristina Franck

Laufzeit

Herbst 2004 - Frühjahr 2006

Finanzierung

Finanzierung aus Eigenmitteln Der Leiter des Kölner Zoos, Prof. Dr. Nogge ist mit dieser Frage “Wie platziert sich der Kölner Zoo gegenüber den Einwanderern mit türkischem Migrationshintergrund?” im Herbst 2004 an die Forschungsstelle für interkulturelle Studien (FiSt) herangetreten. Es wurde vermutet, dass diese große Kölner Bevölkerungsgruppe auf Grund ihrer spezifischen kulturellen Einstellung kaum für das kulturelle Angebot des Zoos zu erreichen ist. Möglicher Weise habe das seine Ursache in der ablehnenden Haltung gegenüber dem im Zoo praktizierten Umgang mit Tieren.

Rebecca Müller und Kristina Franck sind in ihrer gemeinsamen Hausarbeit, im Rahmen der ersten Staatsprüfung für das Lehramt, die Frage von Prof. Dr. Nogge im Frühjahr 2005 nachgegangen. Sie haben unter dem Thema “Kulturelle Einrichtungen im Zeitalter metropolitanen Wandels - Der Gesellschaftliche Ort des Kölner Zoos” ihre Untersuchungen bearbeitet und schließlich erfolgreich im Herbst 2005 abgeschlossen.

Um die Fragestellung klären zu können, kam es darauf an, einerseits den Zoo, wie ersich in der Öffentlichkeit präsentiert, und anderseits die entsprechende Einstellung der Bevölkerungsgruppe mit türkischem Migrationshintergrund zu erfassen und zu vergleichen. Interessant war dabei vor allem, die Interessen und Erwartungen dieser Gruppe im Rahmen ihrer Freizeitvorstellungen zu beschreiben. In diesem Kontext lassen sich am eindeutigsten die verschiedenen Präferenzen identifizieren, welche zu einem Zoo-Besuch mobilisieren könnten. Im Rahmen des Forschungsprojekts wurden, besonders zur Abklärung der Präferenzbildung, sowohl Interviews als auch Beobachtungen durchgeführt.

Dabei können vier Kategorien gebildet werden: die individuelle Freizeitgestaltung der Personen mit türkischem Migrationshintergrund, die Freizeitgestaltung im Bezug auf die Familie, die Einstellung dieser „Personengruppen zum Kölner Zoo und die Stellungnahme der Personen zu der These, dass das Fernbleiben der Menschen mit türkischem Migrationshintergrund auf ihre kulturell bedingte negative Einstellung zu Tieren zurück zuführen ist. Die daraus resultierenden Ergebnisse lassen sich in kombinierter Form thematisch differenziert in vier Schritten darstellen:

1. Die individuelle Freizeitgestaltung der Personen mit türkischem Migrationshintergrundwird vorrangig von beruflichen, familiären und finanziellen Faktoren bestimmt.Dennoch scheint die individuelle Freizeitgestaltung bei den meisten Personen eine wichtige Rolle einzunehmen, wobei auffällig ist, dass nur eine Minderheit der Personenin diversen Freizeitvereinen tätig ist. Eine Vereinsmitgliedschaft bezieht sich hierbei in den meisten Fällen zwar auf türkisch-islamische Vereine, die ihren Mitgliedern ein breit gefächertes Freizeitangebot bereitstellen. Insgesamt lässt sich aber in der individuellen Freizeitgestaltung kein großer Unterschied zwischen Personen mit und Personen ohne Migrationshintergrund feststellen.

2. Trotz der individuellen Freizeitbedürfnisse nimmt die Familie bei der Freizeitgestaltung eine zentrale Rolle ein. Bei gemeinsamen Unternehmungen, die mehrheitlich am Wochenende stattfinden, wird das Grillen im Park an erster Stelle genannt, da solch eine Situation Freizeit für die ganze Familie darstellt und das Beisammensein und die damit verbundene Kommunikation als wichtigsten Anspruch an Freizeit erfüllt. Es hat sich gezeigt, dass die Freizeitgestaltung nicht nur von bestimmten Präferenzen abhängig ist, sondern vor allem der zur Verfügung stehenden finanziellen Mitteln. Aus diesem Grund lassen sich konsumorientierte Freizeitangebote mit der ganzen Familie häufig nicht realisieren.

3. Jede der im Rahmen der Interviews und Gespräche befragten Person kennt den Kölner Zoo und hat ihn bereits als Freizeiteinrichtung genutzt. Es scheinen vor allem die Kinder zu sein, die den Wunsch eines Zoobesuchs äußern und damit zu einer Nutzung der Einrichtung mobilisieren. Dennoch besteht die einheitliche Meinung, dass der Zoo als Freizeiteinrichtung zu teuer ist, weshalb er die Stellung eines besonderen Erlebnisses einnimmt, dass zum Beispiel in den Ferien realisiert wird. Zudem wird angemerkt, dass in einer Einrichtung wie dem Zoo der kommunikative und gesellschaftliche Aspekt nicht verwirklicht werden kann. Es sei schwierig, den Zoo mit der ganzen Familie zu besuchen, da sich alles schnell verlaufe und nicht die Möglichkeit bestehe beisammen zu bleiben. Teilweise ist besonders bei Personen der ersten und zweiten Generation ein Desinteresse zu beobachten, welches daraus resultieren könnte, dass viele Personen mit türkischem Migrationshintergrund in der Türkei mit verschiedenen Tierarten aufgewachsen sind, die im Zoo auch zu finden sind und ein Zoobesuch deswegen kein besonderes Ereignis ist.

4. Von keinem Befragten wurde die vermutete These des Zoos, dass Personen mit türkischem Migrationshintergrund nicht in den Zoo kommen, da sie kulturbedingt eine andere Einstellung zum Tier hätten, bestätigt. Solche Vermutungen wurden vielmehr durch verschiedene Argumente widerlegt.

Als Fazit der Untersuchungen auf der Seite der Präferenzbildung lässt sich formulieren, dass der primäre Grund für das Fernbleiben der Personen mit türkischem Migrationshintergrund die zu hohen Eintrittsgelder des Kölner Zoos sind.

Immer wieder – sowohl in den Interviews und Gesprächen als auch in den Beobachtungen – wurde der finanzielle Aspekt in den Vordergrund gestellt. Die meisten Familien mit türkischem Migrationshintergrund haben in ihrer finanziellen Lage kaum Spielraum, werden den Zoo bei der gegenwärtigen Preissituation auch weiterhin meiden und statt dessen andere Freizeitmöglichkeiten wahrnehmen, die wie z.B. das Phantasialand sicherlich weniger informativ, dafür aber familiennäher, kommunikationsfreundlicher und preiswerter sind. In dieser Situation könnte nur der Zoo als eine öffentliche Einrichtung der Bevölkerungsgruppe mit türkischem Migrationshintergrund entgegenkommen. Wenn der Zoo sie zu regelmäßigen Besucher gewinnen will, muss er für solche Familien preiswerter werden und seinen Freizeitwert für Familien erhöhen.