Sozio-ökonomische Veränderungen, individuelle Reaktionen und die Attraktivität der extremen Rechten (www.siren.at)

Forschungsprojekt

Leiter

Europäische Koordination: Prof. Dr. Jörg Flecker (Forschungs- und Beratungsstelle Arbeitswelt, Wien)

MitarbeiterInnen

Malte-Henning Meyer

Laufzeit

1.9.2001 bis 31.12.2004

Finanzierung

„Improving Human Potential and the Socio-Economic"

Die Wurzeln des Rechspopulismus und –extremismus in der Arbeitswelt

In den letzten Jahren wurde in mehreren Ländern und Regionen Europas, etwa in Flandern, Dänemark, Deutschland, Österreich, Norditalien oder der Schweiz, eine Stärkung rechts­populistischer bzw. rechtsextremer Bewegungen zu einem drängenden Problem. Die Rechts­extremismus- und Rechtspopulismusforschung sieht eine wichtige Erklärung für autoritäre und fremden­feindliche Orientierungen in unsicherem sozioökonomischem Status und Abstiegsängsten: Bei der Suche nach den Ursachen wird häufig angenommen, dass Personen, die Schwierig­keiten haben, die Dynamik des sozialen Wandels zu bewältigen und zu „Modernisie­rungsverlierer/innen“ werden, „fundamentalistische“ Reaktionen zeigen und für Rechtsextremismus oder -populismus empfänglicher werden. Es ist jedoch offen­sichtlich, dass die besagten Länder und Regionen nicht unbedingt zu jenen mit vergleichsweise hoher Arbeitslosigkeit bzw. zu den Armenhäusern Europas zählen. Die genannten politischen Konsequenzen lassen sich also nicht ohne Weiteres aus ökonomischer Benachteiligung und sozialer Ausgrenzung ableiten. Ganz im Gegenteil gibt es sogar vermehrt Hinweise darauf, dass auch die um ihre ökonomische Position fürchtenden bzw. sehr starker Konkurrenz ausgesetzten Mitglieder der Mittel- und Oberschichten rechtspopulistischen bzw. -extremen Politiker/innen zu ihren Erfolgen verhelfen.

Das EU-Forschungsprojekt „Socio-economic change, individual reaction and the appeal of the extreme right“ (SIREN) hat es sich zur Aufgabe gemacht, dieser Frage nach Zusammenhängen zwischen Veränderungen in der Arbeitswelt und Verlockungen der sog. Neuen Rechten nachzugehen. Ziel des Projekts ist es, die subjektiven Wahrnehmungen und individuellen Reaktionen auf den sozioökonomischen Wandel, vor allem jenen der Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen in Europa, zu analysieren. Damit sollen neue Erkenntnisse für die Diskussion über Flexibilität und Sicherheit im europäischen Sozialmodell gewonnen werden. Zugleich erfolgt eine empirische Abschätzung, ob und in welchem Ausmaß die Veränderungen in der Arbeitswelt die Bürger/innen Europas empfänglicher für Rechtspopulismus und Rechtsextremismus machen.

Die interdisziplinäre und vergleichende Untersuchung umfasst acht Länder und wird von Insti­tuten aus Belgien, Dänemark, Deutschland, Frankreich, Italien, Ungarn und der Schweiz durchgeführt. Die Koordination von SIREN liegt bei der österreichischen Forschungs- und Beratungsstelle Arbeitswelt (FORBA). Zu den Projektpartnern zählen das Hoger Instituut voor de Arbeid (HIVA) an der Universität Leuven (Belgien), das Centre for Alternative Social Analysis (CASA) in Dänemark, die Abteilung für Politikwissenschaft am Sozialwissenschaftlichen Seminar der Universität Köln (Deutschland), das Centre d'Etudes de l'Emploi (CEE), einem Teil des CNRS (Frankreich), das Laboratorio di Psicologia Sociale Applicata and der Università Cattolica di Milano (Italien), das Institute of Political Science of the Hungarian Academy of Sciences (MTA PTI) in Budapest (Ungarn) sowie das Institut de Sociologie et de Science Politique (ISSP) der Université de Neuchâtel in der Schweiz.

Einer Literaturanalyse folgen qualitative und quantitative Primärerhebungen sowie Workshops mit Vertreter(inne)n politischer Institutionen und Politikempfehlungen, die einer Feinabstimmung der Beschäftigungs- und Sozialpolitik dienen sollen. Es gibt vier Projektphasen:

  1. Literaturanalysen:In jedem der beteiligten Länder werden Literaturanalysen zu sozioökonomischem Wandel, Rechtsextremismus bzw. -populismus und dem möglichen Zusammenhang zwischen diesen beiden Phänomenen durchgeführt.
  2. Qualitative Primärerhebungen:In den einzelnen Ländern erfolgt eine Analyse der individuellen Interpretationsmuster und Bewältigungsstrategien mittels Tiefeninterviews. Die Ergebnisse der nationalen Untersuchungen fließen in einem Europäischen Synthesebericht zusammen.
  3. Quantitative Erhebung:In allen acht Ländern untersucht eine repräsentative Umfrage die subjektiven Wahrnehmungen und Reaktionen auf den sozioökonomischen Wandel sowie die Empfänglichkeit der Bürger/innen für Rechtspopulismus bzw. -extremismus.
  4. Politikempfehlungen und Verbreitung der Ergebnisse:In Workshops mit Vertreterinnen und Vertretern politischer Institutionen werden Empfehlungen für die Politik ausgearbeitet; darüber hinaus soll eine internationale Konferenz in Zusammenarbeit mit dem European Monitoring Centre for Racism and Xenophobia (EUMC) stattfinden.

Veröffentlichungen

  • Francesca Poglia Mileti/Riccardo Tondolo/Fabrice Plomb/Franz Schultheis/Malte Meyer/Gudrun Hentges/Jörg Flecker/Ingrid Mairhuber: Modern Sirens And Their Populist Songs. A European Literature Review On Changes In Working Life And The Rise Of Right-Wing Populism [Deliverable 1 for the project Socio-Economic Change, Individual Reactions and the Appeal of the Extreme Right], Neuchâtel/Vienna 2002 (Bestellung über office@forba.at)
  • Gudrun Hentges/Malte Meyer: Right-Wing Extremist Attitudes In Germany - Consequences Of Competitive Nationalism And Neoliberalism. Interim Country Report On Qualitative Findings (Germany) [Deliverable 2 for the project »Socio-Economic Change, Individual Reactions and the Appeal of the Extreme Right«], Cologne (Bestellung über politik@ewbibl.ew.uni-koeln)
  • Gudrun Hentges/Malte Meyer/Jörg Flecker/Sabine Kirschenhofer/Eva Thoft/Edwin Grinderslev/Gabrielle Balazs: The Abandoned Worker - Socio-Economic Change And The Attraction Of Right-Wing Populism: European Synthesis Report On Qualitative Findings [Deliverable 3 for the project »Socio-Economic Change, Individual Reactions and the Appeal of the Extreme Right«], Cologne/Vienna 2003 (Bestellung über office@forba.at)