Vorträge
  • Kathrin Pütz: Förderplanung in Schulen für Erziehungshilfe und
    Förderschulen in NRW - eine empirische Untersuchung
    und pädagogische Schlussfolgerungen
  • Isabelle Agi: Die Belastung pädagogischer Fachkräfte durch
    Verhaltensstörungen im Vorschulalter – eine empirische
    Erhebung in NRW
  • Sven Schnell: Ökonomisierung der Gesellschaft und ihre Auswirkungen
    auf Menschen mit Behinderung
  • Schirin Jäger: ‚Auf den Spuren der Vergangenheit’
    Biographiearbeit mit älter werdenden geistig behinderten
    Menschen als Aspekt der Erwachsenenbildung
  • Andrea Müchler: Printmedien für Erwachsene mit geistiger Behinderung –
    Eine fachwissenschaftliche Betrachtung
  • Sabine Pranz: Musiktherapie und Sucht - Untersuchung zur emotionalen
    und therapeutischen Bedeutung von Musik bei Patienten
    einer Entgiftungsstation
  • Regina Tump: Möglichkeiten psychomotorischer Interventionen zur
    Unterstützung in der Trauerarbeit mit Kindern
  • Julia Winkes: Erfassung der Rechtschreibleistungen von Jugendlichen mit
    Lese- Rechtschreibstörung - Konzeption einer Wortliste
    unter besonderer Berücksichtigung linguistischer und
    modelltheoretischer Erkenntnisse
  • Katinka Trauth: Äquivalenter Hörverlust (EHL) - eine erste Studie mit
    hörgerätversorgten Kindern

Posterpräsentationen
  • Katja Fuchs: Auf Spurensuche. Konzeptionelle Ansätze biografischen
    Arbeitens mit älteren Menschen mit geistiger Behinderung.
  • Isabel Lindner: Kunst, Kunsttherapie und Demenz: Eine
    Literaturstudie und praxisorientierte Befragung zu
    Rahmenbedingungen und Konzepten im deutschsprachigen
    Raum
  • Peter Mai: Heilpädagogisch orientierte Kunsttherapie - ein integratives
    Modell entwickelt als Ansatz auf der Basis synoptischer
    Analysen
  • Nira Unger: Emotionsregulation von Kleinkindern durch Tierkontakte -
    Eine empirische Studie zur Wirkung von Tierkontakten
    (Kaninchen) auf Kleinkinder zur Bewältigung kurzer
    Trennungssituationen von der Bindungsperson


Vorträge


Kathrin Pütz
Förderplanung in Schulen für Erziehungshilfe und Förderschulen in NRW -
eine empirische Untersuchung und pädagogische Schlussfolgerungen
Staatsarbeit: empirisch
Schwerpunkt: Erziehungshilfe
Einleitung
Die Komplexität von Verhaltensstörungen erschwert die ohnehin problematische
Planung pädagogischen Handelns. Die Wirkung von Maßnahmen kann einerseits
nicht vorhergesehen werden, andererseits ist es notwendig, Ziele festzulegen. Dem
kann im Rahmen von Förderplänen durch regelmäßige Überprüfung und
Absprache aller Beteiligten Rechnung getragen werden. Der Förderplanung
kommt somit in der Unterrichtspraxis eine hohe Bedeutung für die Strukturierung
und Evaluation von Maßnahmen zu. Gleichzeitig gerät sie dadurch jedoch in ein
Spannungsfeld zwischen Anforderungen aus gesellschaftlicher, schulpolitischer
und praktischer Sicht.
Fragestellung
Das Ziel der Untersuchung war es, ein möglichst umfassendes Bild über die
Arbeit mit Förderplänen an Förderschulen mit dem Förderschwerpunkt sozialemotionale
Entwicklungsförderung in Nordrhein-Westfalen aus der Praxis zu
erhalten. Ein weiterer Schwerpunkt lag in dem Anliegen, Aussagen zu
Schwachpunkten und Verbesserungsvorschlägen direkt von den Schulen zu
erhalten. Zudem wurde das jeweilige Förderplanschema der einzelnen Schulen
nach Aufbau und den genannten Förderbereichen analysiert.
Design
Aus dem Ziel der Untersuchung ergibt sich das Design mit einem Fragebogen als
Grundlage zur Informationsgewinnung. 149 Schulen wurden angeschrieben und
gebeten, den Fragebogen auszufüllen sowie ein Förderplanraster ihrer Schule
zuzusenden.
Die Dimensionen des Fragebogens orientieren sich an Problemfeldern, die in der
Fachliteratur diskutiert werden und in den Fragestellungen konkretisiert sind.
Von den 149 angeschriebenen Schulen liegen insgesamt 94 Fragebögen vor. Vier
Schulen sandten nur das Förderplanraster zu, 18 Schulen lehnten es aus
verschiedenen Gründen ab, sich an der Untersuchung zu beteiligen. Somit
antworteten insgesamt 116 Schulen, daraus ergibt sich ein Rücklauf von 76 %.
Ergebnisse
Die Auswertung der Fragebögen hat, neben zweifelsohne bestehenden Problemen
im Umgang mit Förderplanung, gezeigt, dass die Schulen über ein hohes Potential
zu deren Optimierung verfügen. Dies gilt besonders für den Bereich der
Kooperation, der für alle Sonderschulen, speziell aber bei der Förderung von
Schülern mit emotional-sozialem Förderbedarf von großer Bedeutung ist. Als
Schwachpunkte wurden im wesentlichen Zeitmangel und fehlende
Konkretisierung der Förderbereiche und -maßnahmen benannt. Entsprechend
bezogen sich die Verbesserungsvorschläge auf diese Punkte. Hier zeigte sich ein
hohes Maß an Individuallösungen.
Die Analyse der Förderplanraster ergab, dass die Mehrzahl in Form einer Tabelle
vorliegt. Diese beinhalten in der Regel außer einigen Angaben zur Person des
Schülers mindestens die Spalten ‚Ist’, ‚Soll’ und ‚Maßnahmen’. Häufig sind
mögliche Förderschwerpunkte bereits enthalten, was die Frage aufwirft, inwiefern
so die geforderte individuelle Anpassung an den einzelnen Schüler und seine
spezifischen Bedürfnisse gewährleistet werden kann. Was die genannten
Förderbereiche betrifft, die ebenfalls Gegenstand der Untersuchung waren, sind
die vorherrschende Begriffsvielfalt ebenso wie die individuellen Eigenlösungen
vieler Schulen ein weiterer Hinweis auf die Komplexität dieses Themas.
Resümee
Förderpläne werden den an sie gerichteten Ansprüchen nur teilweise gerecht. Die
größte Diskrepanz herrscht zwischen Umfang bzw. Zeitaufwand den
Förderplanung in Anspruch nimmt, um der Komplexität des Förderbedarfes im
Einzelfall gerecht zu werden und ihrer Alltagstauglichkeit. Dieser Punkt wird
einvernehmlich in Theorie und Praxis als Problem definiert, für das noch keine
zufrieden stellende Lösung gefunden wurde. Fortbildungen in diesem Bereich
werden von zahlreichen Schulen gefordert. Viele der sehr individuellen Wege, die
einzelne Schulen gehen, sprechen dafür, dass in der Praxis viel versprechende
neue Lösungen gefunden werden.


Isabelle Agi
Die Belastung pädagogischer Fachkräfte durch Verhaltensstörungen im
Vorschulalter - eine empirische Erhebung in NRW
Staatsarbeit: empirisch
Schwerpunkt: Erziehungshilfe


Einleitung
Verhaltensstörungen treten nicht erst in der Schule auf, sondern sind ein schon
viel früher ernstzunehmendes Problem. Auch in Anbetracht der Persistenz solcher
Störungen ist es sinnvoll, sozial-emotionale Trainings möglichst früh - als primärpräventive
Programme wie das von der Forschungsgruppe am Seminar für sozial
emotionale Entwicklungsförderung entwickelte- einzusetzen. Für die Entwicklung
dieses Trainings war es von besonderer Bedeutung, welche Wahrnehmung die
Erzieherinnen in Kindergärten von früh auftretenden Verhaltensstörungen haben,
und ob sie Interesse an einer Durchführung eines solchen Trainings in ihrer
Einrichtung zeigen.
Fragestellung
Ziel der Untersuchung war herauszufinden, wie häufig unterschiedlich
klassifizierte Verhaltensstörungen nach der subjektiven Einschätzung von
Erzieherinnen bei Mädchen und Jungen im Kindergarten vorkommen und
inwieweit sich die befragten Erzieherinnen im Umgang mit den betroffenen
Kindern überfordert bzw. belastet fühlen. Auch der Umgang mit dieser Belastung
und mit auftretenden Verhaltensstörungen z.B. in Form von Kooperation mit
anderen Institutionen war hier von Interesse, sowie auch die Frage nach dem
Einsatz von bzw. dem Bedarf und dem Interesse an Präventionsprogrammen.

Untersuchungsmethode
Die Untersuchung wurde als postalische, anonyme Befragung bei einer zufälligen
Stichprobe von 500 Kindergärten aus ganz NRW durchgeführt.
Für jede Erzieherin stand ein eigens entwickelter, in weiten Teilen quantitativ zu
bearbeitender Fragebogen zur Verfügung. Übergeordnete Fragen, wie z.B. nach
der Organisation der Einrichtung, wurden in einem zusätzlichen Fragebogen, der
sich an die Leitung des Kindergartens richtete geklärt. Zur Sicherung der
Verständlichkeit des Fragebogens und seiner Praktikabilität wurde nach seiner
Entwicklung zunächst eine Pilotstudie durchgeführt.
Ergebnisse
Aus den Ergebnissen der Studie ließ sich unter anderem erkennen, dass die
Befragten sich insgesamt, trotz einer hohen Berufszufriedenheit durch die im
Kindergarten auftretenden Verhaltensauffälligkeiten, eher hoch bis hoch belastet
fühlen und den Bedarf an speziellen Förderprogrammen eher hoch einschätzen.
Auch wurde deutlich, dass bisher kaum konkrete Fördermaßnahmen zur
Förderung sozial-emotionaler Kompetenzen in den Kindergärten eingesetzt
werden.
Die Ergebnisse zu den einzelnen Verhaltensauffälligkeiten zeigen eine besonders
hohe Prävalenz bei den sprachlichen Problemen und besonders niedrige Werte bei
ängstlichem Verhalten.
Resümee
Durch die Studie wurden Grundlagen für die Durchführung des Trainings gelegt
und der Bedarf an einem solchen Training noch einmal aus der Praxis bestätigt
und untermauert. Es war von besonderer Bedeutung, den „Betroffenen“ die
Möglichkeit zu einer Stellungnahme zu diesem Thema zu geben, um auch in der
Entwicklung des Trainings auf die konkret in deutschen Kindergärten vorliegende
Situation eingehen zu können.
Mittlerweile - ein Jahr nach Abgabe dieser Examensarbeit - läuft die groß
angelegte Pilotphase des entwickelten Trainings.


Sven Schnell
Ökonomisierung der Gesellschaft und ihre Auswirkungen auf Menschen mit
Behinderung
Staatsarbeit: literarisch
Schwerpunkt: Geistigbehindertenpädagogik
Die Erhaltung und Verbesserung des heutigen heil- und sonderpädagogischen
Systems sind abhängig von der Entwicklung der Gesellschaft und des
Sozialstaates.


Gerade in jüngster Vergangenheit wird der Eindruck erweckt, dass sich der
Sozialstaat in einer tiefen Krise befindet. Erkennbar wird dies etwa durch die
Agenda 2010 und den damit verbundenen Sozialreformen. Daneben lässt sich
erkennen, dass die gesellschaftliche Kohäsion durch ein zunehmendes
gesellschaftliches Kosten-Nutzen-Denken gefährdet ist. Es findet eine
gesellschaftliche Umorientierung statt: weg vom Solidaritätsgedanken und hin zu
mehr Wettbewerbs-, Leistungs- und Eigennutzorientierung. Bei dem
schleichenden Wandel der Gesellschaft und des Sozialstaates handelt es sich um
eine Ökonomisierung der Gesellschaft. Die ebengenannten Ausführungen sind die
ersten Leitgedanken meiner Arbeit, die als Appell an die Sonder- und
Heilpädagogen verstanden werden kann, sich mit den gegenwärtigen
gesellschaftlichen Veränderungsprozessen auseinander zusetzen.
Meine Hypothese in dieser Arbeit ist, dass durch diese Ökonomisierung der
Gesellschaft tiefgreifende gesellschaftliche Veränderungsprozesse begonnen
haben, die sich negativ auf die Lebensbedingungen von Menschen mit
Behinderung auswirken.
Dies wird genauer untersucht: im Bereich der Behindertenhilfe, im Bereich des
Sozialrechts für Menschen mit Behinderung und im Bereich der gesellschaftlichen
Einstellungen gegenüber Menschen mit Behinderung, insbesondere hinsichtlich
der Themenbereiche Bildungs- und Lebensrecht.
In dieser Arbeit habe ich mich zunächst ausführlicher mit dem Ab- und Umbau
des Sozialstaates beschäftigt. Dies ist erforderlich, da dieser zu weitreichenden
Veränderungen in der Behindertenhilfe und dem Sozialrecht für Menschen mit
Behinderung führt. Dabei wurden nicht nur die Folgen, sondern auch die Ursachen
des Ab- und Umbaus des Sozialstaates erforscht und kritisch hinterfragt.
Hierzu mussten auch Aspekte des politischen und wirtschaftlichen Geschehens
berücksichtigt werden: die Auseinandersetzung mit Fragen der Globalisierung, der
Wettbewerbsfähigkeit des Standortes Deutschland, der Finanzkrise des
Sozialstaates und des Neoliberalismus.
Die Folgen des Ab- und Umbaus des Sozialstaates spiegeln sich im System der
Behindertenhilfe wider: Soziale Qualität wird durch ökonomische Qualität
verdrängt, soziale Qualität wird versucht durch Marktmechanismen zu erreichen,
Qualitätsmanagementsysteme orientieren sich am Leitgedanken der ökonomischen
Qualität und zu guter letzt wird der Mensch mit Behinderung „nur“ zum Kunden.
Die Folgen des Ab- und Umbau des Sozialstaates zeigen sich auch bei den
Reformen der Sozialgesetzgebung. Während beim SGB IX durchaus
Verbesserungen für Menschen mit Behinderung zu finden sind und Leitgedanken
der ICF umgesetzt werden, stellt das SGBXII Menschen mit Behinderung vielfach
vor Verschlechterungen.
Die Arbeit zeigt darüber hinaus, dass die gesellschaftliche Einstellung gegenüber
Menschen mit Behinderung / Behinderung im Wandel begriffen ist. Ökonomische
Werte, wie das Kosten-Nutzen-Prinzip und das Konkurrenzprinzip gewinnen
innerhalb vieler gesellschaftlicher Bereiche an Gewicht. Heilpädagogische Werte,
wie z.B. Humanität, Fürsorge und Hilfe, drohen in der heutigen Gesellschaft
marginalisiert zu werden.
Die Arbeit zeigt, welche Folgen dies für die Solidarität mit Menschen mit
Behinderung sowie deren Bildungs- und Lebensrecht hat bzw. in Zukunft haben
könnte.
Speziell wird auf den Zusammenhang zwischen Bildungs- und Lebensrecht, auf
die Problematik des Schwangerschaftsabbruchs bei einer erkannten Schädigung,
die Euthanasie (Singer-Debatte) und die Problematik der Gentechnologie und der
Genanalyse eingegangen.
Die Arbeit zeigt, dass die Zukunft der Lebensbedingungen von Menschen mit
Behinderung ungewiss ist. Sie zeigt aber auch, dass gesellschaftliche
Veränderungsprozesse kein Sachzwang sind, sondern von Menschen beeinflusst
werden können.


Schirin Jäger
‚Auf den Spuren der Vergangenheit’ Biographiearbeit mit älter werdenden
geistig behinderten Menschen als Aspekt der Erwachsenenbildung
Diplomarbeit: literarisch
Schwerpunkt: Geistigbehindertenpädagogik


Einleitung
Biographiearbeit hat das Ziel, lebensgeschichtlich relevante Erfahrungen in
strukturierter und angeleiteter Erinnerungsarbeit wieder erleben zu lassen, um sich
seiner eigenen Identität und Individualität bewusst zu werden. Die im dritten
Reich begangenen Euthanasieverbrechen trugen maßgeblich dazu bei, dass in der
Bundesrepublik Deutschland erst zum jetzigen Zeitpunkt die Anzahl älter
werdender Menschen mit geistiger Behinderung stetig steigt.
Besonders die Lebensgeschichten dieser Generation erzählen von mangelnder
Akzeptanz in jeglichen Lebensräumen undLebensrechten.
In diesem Zusammenhang bietet Biographiearbeit die Möglichkeit, die durch
institutionelle Unterbringung geprägten Lebensumstände, welche oftmals mit
Traumatisierungen einhergehen, aufzuarbeiten und durch eine Retraumatisierung
eine identitätsstiftende Grundlage für die Zukunft zu schaffen.
Leider ist die gegenwärtige Situation aber durch fehlende Angebote und Konzepte
gekennzeichnet, und dass obwohl bereits in den 80er Jahren zahlreiche Prognosen
eben diese steigende Anzahl älterer Menschen mit geistiger Behinderung
andeuteten.
Biographiearbeit kann in diesem Kontext ein sinnstiftendes, lebensbedeutsames,
identitätsstabilisierendes und (persönlichkeits-)-bildendes Angebot darstellen.
Fragestellung
Ziel dieser Diplomarbeit war es, herauszufinden, wie älter werdende Menschen
mit geistiger Behinderung unterstützt werden können, sich aktiv mit der eigenen
Biographie auseinander zu setzen, um zum Lebensende hin Integrität zu erlangen.
Dazu wurden altersrelevante Veränderungen, biologischer, soziologischer und
psychologischer Art, thematisiert, um die veränderte Lebenssituation älter
werdender Menschen mit geistiger Behinderung zu erfassen. Biographiearbeit, die
sich speziell diesem Personenkreis widmet, kann auf diese Erkenntnisse
zurückgreifen und sie durch die entsprechende methodische Aufarbeitung neu
perspektivieren.
Biographische Besonderheiten, die ausdrücklich aufgrund sozialer Segregation
und Isolierung entstehen, werden durch die pragmatische Einteilung der
Lebensphasen nach ERIKSON offensichtlich und anhand eines Fallbeispiels
verdeutlicht. Durch die Betrachtung ausgewählter Konzepte werden erste
methodische Besonderheiten in der Biographiearbeit für diesen Personenkreis
hervorgehoben und durch einen abschließenden Leitfaden zum biographischen
Arbeiten fundiert. Dabei wurde deutlich, dass insbesondere aktivitäts- und
dokumentationsorientierte methodische Aufarbeitungsformen von
lebensgeschichtlich relevanten Erinnerungen bei Menschen mit einer geistigen
Behinderung zum Einsatz kommen sollten.
Abschließend
„Was der Mensch ist, sagt ihm nur seine Geschichte“ (DILTHEY). Um diese jedoch
zu verstehen, um einzelne Handlungen im Gesamtzusammenhang der
Lebensgeschichte zu deuten, bedarf es einer Orientierung an den subjektiven
Lebenserfahrungen. Biographiearbeit trägt dazu bei, nicht nur über die
Lebenssituation zu forschen, sondern mit Menschen mit geistiger Behinderung
subjektiv bedeutsame Lebenserfahrungen zu thematisieren. Gleichzeitig ist sie ein
wertvoller Beitrag für die Praxis: Sie gibt Anregungen, in alltäglichen Situationen
pädagogischer sowie pflegerischer Prozesse, biographisch relevante Ereignisse zu
berücksichtigen, um so verschlüsselte und nicht auf Anhieb erkennbare
Verhaltensweisen zu deuten und zu verstehen.


Andrea Müchler
Printmedien für Erwachsene mit geistiger Behinderung - Eine
fachwissenschaftliche Betrachtung
Staatsarbeit: empirisch
Schwerpunkt: Sondererziehung und Rehabilitation von Menschen mit geistiger
Behinderung


Lesen ist ein aktuelles Thema unserer Gesellschaft. In zahlreichen Studien haben
Forscher Leseinteressen und Leseverhalten der Bevölkerung veröffentlicht.
Menschen mit geistiger Behinderung finden dort jedoch keine Berücksichtigung.
Aber auch in der Geistigbehindertenpädagogik wurde diesem Thema bisher so gut
wie keine Aufmerksamkeit geschenkt. Dabei beschäftigen sich sehr viele
Erwachsene dieses Personenkreises gerne mit Printmedien.
Um die offensichtlich bestehende Forschungslücke zu füllen oder zumindest einen
ersten Schritt dahingehend zu tun, wurde eine Untersuchung durchgeführt, die den
Fragen nach den Leseinteressen und dem Leseverhalten von Erwachsenen mit
geistiger Behinderung nachging.
Für die Ermittlung der Daten wurden zwei Methoden angewandt: das Verfahren
der teilnehmenden Beobachtung sowie Interviews. Für die teilnehmende
Beobachtung wurden in einem Seminar mit Menschen mit geistiger Behinderung,
dem sog. Lesecafé, Bücher vorgelesen und besprochen, um das Verständnis und
Interesse verschiedener Texte festzustellen. In einem zweiten Schritt wurden
problemzentrierte Interviews durchgeführt.
Insgesamt wurden dreizehn Frauen und sechs Männer mit geistiger Behinderung
im Alter zwischen 21 und 44 Jahren befragt. Die Interviews machen deutlich, dass
viele Erwachsene mit geistiger Behinderung zu Printmedien greifen. Das Lesen
erfüllt dabei vielfältige Funktionen. Die befragten Personen gaben an, zu lesen,
um unterhalten zu werden, um sich zu entspannen und abzulenken oder um sich zu
informieren oder zurechtzufinden.
Insgesamt wird eine große Bandbreite an Printmedien von Menschen mit geistiger
Behinderung genutzt. Gehäuft wurde Kinder- und Jugendliteratur genannt. Es
konnte herausgefunden werden, dass diese Gattung aufgrund einfacher, leichter
Sprache, wenig Text und erklärenden Bildern beliebt ist. Dass es Bücher ähnlicher
Aufmachung auch für erwachsene Leseanfänger gibt, war den befragten Personen
und Angehörigen nicht bekannt.
Eine weitere Beobachtung betrifft das Verständnis der Texte. Viele der Leser
äußerten, dass es ihnen häufig schwer fällt, Texte zu verstehen. Dies liegt
teilweise an komplexen Handlungen oder vielen Figuren. So waren denn auch
einige Bücher für erwachsene Leseanfänger zu komplex für die befragten
Personen.
Eine Erkenntnis der Untersuchung ist, dass es nur wenige Bücher gibt, die
zugleich den Ansprüchen von Erwachsenen mit geistiger Behinderung an die
Aufmachung, als auch an den Inhalt erfüllen. An dieser Stelle wird der Bedarf
deutlich. Es muss auch für Erwachsene mit geistiger Behinderung zu einer
Selbstverständlichkeit werden, in eine Buchhandlung, eine Bibliothek oder an
einen Kiosk gehen zu können und sich interessante, verständliche und
ansprechende Druckmedien beschaffen zu können.
Abschließend lässt sich festhalten, dass die geringe Beachtung, die den
Druckmedien und dem Leseverhalten von Erwachsenen mit geistiger Behinderung
(besonders) in der Geistigbehindertenpädagogik bisher zukommt, nicht
gerechtfertigt ist. Es ist ein Gebiet, dass, nicht zuletzt vor dem Hintergrund der
Verwirklichung der Leitziele, in Zukunft stärker thematisiert werden sollte.
Ansatzpunkte hierfür liefert die durchgeführte Untersuchung.


Sabine Pranz
Musiktherapie und Sucht - Untersuchung zur emotionalen und
therapeutischen Bedeutung von Musik bei Patienten einer Entgiftungsstation
Diplomarbeit: empirisch
Schwerpunkt: Musiktherapie


Literaturteil
Aufgrund der sehr geringen Literatur für den Bereich Musiktherapie und Sucht,
wurden aktuelle psychologische Theorien zu Sucht (Entstehung, Ursachen,
Therapiemöglichkeiten) herangezogen. Diese wurden mit allgemeinen Theorien
aus der Musiktherapie gekoppelt, sodass musiktherapeutische Möglichkeiten für
die Suchttherapie formuliert werden konnten. Die Arbeit konzentriert sich hier
besonders auf den Bereich der Affekte, da die Entgiftungssituation (die Studie
wurde auf einer Entgiftungsstation durchgeführt) für die Klienten häufig mit
extremen Emotionen verbunden ist, welche sonst durch den Drogenkonsum
vermieden wurden. Defizite und Ressourcen Drogenabhängiger in diesem Bereich
wurden fokussiert.
Empirischer Teil
Die Studie stellte die Frage, ob vor allem für den Bereich der Affekte durch die
Musiktherapie positive Veränderungen zu verzeichnen sind, und auf welche
Gründe entsprechende Veränderungen zurückzuführen seien. Hierzu wurden im
Alexianerkrankenhaus Porz zum einen episodische Interviews mit den Klienten
durchgeführt, um die biographische Bedeutung von Musik zu eruieren. Zum
anderen füllten die Klienten vor und nach der 1.-3. von mir durchgeführten
Musiktherapie einen eigens entwickelten Stimmungsfragebogen aus, um die
Veränderungen verschiedener emotionaler Bereiche erheben zu können. Am Ende
der Therapie wurde weiterhin ein Fragebogen zum Erleben der Musiktherapie
(FEM) ausgefüllt, welcher die subjektiven Empfindungen in Bezug auf das
Erleben der Musiktherapie festhalten sollte. Die Therapiesitzungen (Gespräch,
Improvisationen) wurden aufgenommen.
Es erfolgte eine quantitative Auswertung der Fragebögen (SPSS), und eine
qualitative Inhaltsanalyse der Interviews. Zusätzlich wurde eine qualitative
Gesamtanalyse aller Erhebungsinstrumente unter Einbezug verschiedener
Therapieszenen durchgeführt.
Es zeigten sich teilweise hochsignifikante Veränderungen in Bezug auf die
Stimmung (u.a. gehobene Stimmung, Aktivität, Aggressivität). Innerhalb der
qualitativen Auswertung wurde deutlich, dass die Ursache für emotionale
Veränderungen u.a. darin lag, dass in der Therapie emotional bedeutsame
Erinnerungen oder Erfahrungen thematisiert wurden (teilweise über das Hören
von Musik ausgelöst). Hier zeigten sich Zusammenhänge zu den anfangs
durchgeführten Interviews.
Weiterhin erwies sich die Triangulation der Datenerhebung und sowohl die
quantitative als auch die qualitative Auswertung der Untersuchungsinstrumente
als sinnvoll, da hier Zusammenhänge aufgezeigt werden konnten und sich die
Instrumente so ergänzten, dass sich Ergebnisse zeigten, die sonst so nicht sichtbar
geworden wären.
Die Musiktherapie erscheint den Ergebnissen zufolge als ein sinnvolles Mittel, um
die hochsensible Phase der körperlichen Entgiftung zu begleiten. Aufgrund der in
der Entgiftung auftauchenden Emotionen, ist hier die Arbeit an und mit den
Affekten der Klienten (u.a. Affektregulation, Affektwahrnehmung,
Affektausdruck) wichtig. Eine Thematisierung und Begleitung dieser Emotionen
eignet sich besonders über das Medium Musik, als Ausdrucks- und
Regulationsmittel.
Die Arbeit beschränkt sich auf harte Drogen (Alkohol und weiche Drogen wie
Tabak oder stoffungebundene Süchte wurden nicht berücksichtigt).


Regina Tump
Möglichkeiten psychomotorischer Interventionen zur Unterstützung in der
Trauerarbeit mit Kindern
Diplomarbeit: literarisch
Schwerpunkt: Bewegungserziehung und Bewegungstherapie


Stirbt in einer Familie ein Kind, werden hinterbliebene Geschwisterkinder im
familiären Trauerchaos leicht übersehen. Für trauernde Kinder ist es jedoch
immens wichtig, aufmerksame und einfühlsame Menschen an ihrer Seite sowie
ausreichend Zeit und Raum zu haben, um ihre Trauer auf ihre ganz individuelle
Art zu erleben und auszudrücken. Vor diesem Hintergrund bieten
Kindertrauergruppen einen bedeutsamen und geschützten Ort, an dem betroffene
Kinder in ihrer Trauer begleitet und unterstützt werden können. Da Kinder ihre
Gefühle oftmals noch nicht in Worten ausdrücken können, tun sie dies häufig über
ihren Körper und in ihren Bewegungen. Diesen Zusammenhang aufgreifend,
beschäftigt sich die Diplomarbeit mit möglichen pädagogischen Hilfestellungen
im Sinne von psychomotorischen Angeboten in der Begleitung trauernder Kinder.
In der Praxis der professionellen Kindertrauerbegleitung gibt es bereits erste
Ansätze Trauer in Bewegung zu bringen und über Bewegung auszudrücken, zum
Beispiel in den Kindertrauergruppen von Domino-Zentrum für trauernde Kinder,
in dem ich als ehrenamtliche Mitarbeiterin tätig bin.
Das Thema Psychomotorik mit trauernden Kindern ist jedoch in der
wissenschaftlichen Literatur bislang nicht aufgegriffen worden. Bisher hat sich
weder die Trauerforschung mit der Bedeutung von Bewegung für den kindlichen
Trauerprozess noch die Psychomotorik mit trauernden Kindern beschäftigt. Vor
dem Hintergrund dieser Ausgangslage stellt die vorliegende Arbeit eine erste
Auseinandersetzung mit diesem Thema dar.
Diese Arbeit geht den Fragen nach, ob, warum und inwiefern psychomotorische
Angebote für den kindlichen Trauerprozess ein hilfreiches Angebot darstellen
könnten. Zur Beantwortung dieser Fragen werden Zusammenhänge zwischen
Trauer und Körper sowie Trauer und Bewegung aufgezeigt, um so einen
Begründungszusammenhang für psychomotorische Interventionen in der
Trauerarbeit mit Kindern aufzustellen.
Darüber hinaus wird eine Untersuchung zur Einschätzung des Potenzials
psychomotorischer Interventionen in der Kindertrauerarbeit und zur Erhebung
konkreter Praxisideen vorgestellt. Im Zuge dieser Untersuchung wurde ein
Fragebogen für Fachleute aus dem Bereich der Psychomotorik entwickelt,
verschickt und ausgewertet.
Die Arbeit kommt zu dem Ergebnis, dass psychomotorische Interventionen ein
hilfreiches Angebot für trauernde Kinder darstellen können. Da Kinder ihre
Gefühle nicht immer verbal äußern können, bieten Körper- und
Bewegungsangebote eine hilfreiche Möglichkeit, vielfältige Gefühle
auszudrücken. Vor allem die explosiven Gefühle der Trauer, wie Wut und Zorn,
können gut über den Körper und über Bewegung ausgelebt werden. Zudem
können psychomotorische Angebote dazu beitragen, die möglicherweise durch die
Verlusterfahrung beeinträchtige Identitätsentwicklung des Kindes positiv zu
beeinflussen und so die Gesamtpersönlichkeit des Kindes zu stärken. In Form
konkreter Spiel- und Bewegungsangebote sowie weiterer Ideen zur Gestaltung
offener Spielsituationen werden psychomotorische Interventionsmöglichkeiten
vorgestellt.
Es soll und kann im Rahmen dieser Arbeit nicht darum gehen, die Psychomotorik
als Wunderwaffe oder als Allheilmittel zu proklamieren und rezeptartig
Interventionen aufzulisten. Vielmehr geht es darum, die Möglichkeiten und die
Bedeutung des Ausdrucks von Gefühlen über den Körper sowie die sich daraus
ergebende Bedeutung der Bewegung für trauernde Kinder aufzuzeigen und einige
Ideen und Methoden aus dem Bereich der Psychomotorik zur Unterstützung in der
Kindertrauerarbeit aufzugreifen.
„Was wir sind, sind wir durch unseren Körper.
Der Körper ist der Handschuh der Seele, seine Sprache das Wort des Herzens.
Jede innere Bewegung, Gefühle, Emotionen, Wünsche drücken sich durch unseren
Körper aus. Was wir Körperausdruck nennen, ist der Ausdruck innerer
Bewegungen.“ (Molcho, 1994, 20f.)


Julia Winkes
Erfassung der Rechtschreibleistungen von Jugendlichen mit Lese-
Rechtschreibstörung - Konzeption einer Wortliste unter besonderer
Berücksichtigung linguistischer und modelltheoretischer Erkenntnisse
Diplomarbeit: literarisch
Schwerpunkt: Sprachbehindertenpädagogik


Einleitung
Die Lese-Rechtschreibstörung (LRS) ist ein Störungsbild, das bis ins Jugend- und
Erwachsenenalter hinein persistiert und das eine hohe Relevanz für die schulische
und berufliche Entwicklung der Betroffenen aufweist. Leider erstrecken sich die
Bemühungen zur Erforschung und Behandlung der Legasthenie bislang
weitestgehend nur auf das Kindesalter.
Theorienvergleich
In dieser Arbeit werden zunächst aktuelle Theorien des Rechtschreibprozesses
vorgestellt und diskutiert. Es werden sowohl symbolische (Ellis, 1993) als auch
konnektionistische (Brown & Loosemore, 1994) Ansätze berücksichtigt.
Dabei zeigt sich, dass durch beide eine Vielzahl von Daten des normalen und
gestörten Schriftsprachgebrauchs erklärt werden können.
Zum jetzigen Zeitpunkt ist das rein symbolische Zwei-Wege-Modell (z.B. Ellis
1993) am weitesten verbreitet und empirisch am besten abgesichert. Es zeichnet
sich jedoch ab, dass in der Zukunft eine zunehmende Verknüpfung und
Integration beider Theorierichtungen stattfinden wird.
Fragestellung / Hypothesen
Ziel der Arbeit ist die Erstellung eines Screeningverfahrens zur Erfassung der
Rechtschreibleistung von legasthenen Jugendlichen anhand von
modelltheoretischen Kriterien. Aus dem Zwei-Wege-Modell des
Rechtschreibprozesses werden fünf Teilkompetenzen abgeleitet, die der
kompetente Schreiber bei der Generierung der korrekten Graphemfolge von
Wörtern nutzt: phonologisches Rekodieren, analogische Strategie, wortspezifische
Rechtschreibkenntnisse, implizites Wissen über orthographische
Regelhaftigkeiten und die morphematische Strategie. Ziel des hier erstellten
Screeningverfahrens ist es, den Einsatz dieser Fähigkeiten zu evozieren. Aus dem
oben genannten Modell werden Annahmen darüber abgeleitet, wie das
Wortmaterial beschaffen sein muss, um sicherzustellen, dass die Wörter nur durch
die Anwendung einer bestimmten Strategie richtig geschrieben werden können.
Zu diesem Zweck werden die Items nach linguistischen und
orthographiespezifischen Kriterien variiert.
Ergebnisse
Es wird eine Liste von 52 Items (30 Wörter und 22 Pseudowörter) vorgestellt. In
Anlehnung an die Hamburger Schreibprobe (HSP, May 2000) werden die zu
testenden Rechtschreibstrategien durch so genannte Lupenstellen erfasst. Als
solche bezeichnet man die konkreten Wortstellen, die nur durch die besagte
Strategie korrekt verschriftet werden können. Auf diese Weise ist sowohl eine
quantitative (Anzahl der Gesamtfehler bzw. Anzahl der richtig geschriebenen
Grapheme) als auch eine qualitative Auswertung (Anzahl der korrekten
Lupenstellen) möglich. Um eine erste Einschätzung der Brauchbarkeit der Liste zu
erhalten, wurde diese an einer kleinen Stichprobe von 44 Realschülern
(Durchschnittsalter 16;6 Jahre) getestet. Zwei Probanden waren von einer LRS
betroffen. Dabei ergab sich ein zweigeteiltes Bild: Der Wortteil der Liste scheint
den Anforderungen gut gerecht zu werden. In Bezug auf die Pseudowörter
hingegen (analogische Strategie und phonologisches Rekodieren) stellte sich
heraus, dass die Leistungen der Probanden in diesem Teil kaum in Zusammenhang
mit ihren Rechtschreibfähigkeiten stehen.
Resümee
Die hier erstellte Wortliste ist keinesfalls als einsatzfähiges Diagnoseverfahren zu
betrachten. Der Wert der Arbeit liegt vielmehr darin, das grundsätzliche Vorgehen
bei der modellgeleiteten Erstellung eines solchen Tests zu skizzieren. Bei der
Bearbeitung dieses Themas war es notwendig, umfangreiche theoretische
Vorarbeiten über den Rechtschreibprozess, das orthographische System des
Deutschen, das Störungsbild der LRS, die derzeit übliche diagnostische Praxis bei
Legasthenie und über die Konstruktion von Testverfahren zu leisten. Dabei wurde
offensichtlich, dass in vielen bedeutsamen Fragen noch enormer Forschungsbedarf
besteht.


Katinka Trauth
Äquivalenter Hörverlust (EHL) - eine erste Studie mit
hörgeräteversorgten Kindern
Staatsarbeit: empirisch
Schwerpunkt: Gehörlosenpädagogik


Equivalent Hearing Loss (EHL) bildet einen Referenzwert zum diagnostischen
Vergleich zwischen mit Hörgeräten und Cochlea-Implantat (CI) versorgten
Kindern. Aus diesem leiten sich Indikationen einer CI-Versorgung und
Implikationen der Förderung dieser Kinder ab.
Das bereits in früheren Studien bearbeitete Konzept des EHL basiert auf dem
Vergleich der auditiven sprachwahrnehmungsleistungen einer
Untersuchungsgruppe von Kindern mit CI und denen einer Referenzgruppe
hörgerätversorgter Kinder. Das Ergebnis aus diesem Vergleich wird für die Kinder
mit CI als EHL ausgedrückt.
Innerhalb dieses Projekts des Instituts für Audiopädagogik (IfAP) wurden Daten
zur auditiven Sprachwahrnehmungsleistungen einer Referenzgruppe von Kindern
mit konventionellen Hörgeräten ermittelt, um anhand dieser Daten den EHL für
eine bereits getestete Hauptuntersuchungsgruppe CI-versorgter Kinder zu
errechnen. Bei einer angestrebten Größe der Referenzgruppe von rund 250
Probanden wurden die Daten 88 hörgerätversorgter Kinder mit prälingual
erworbener Hörschädigung und einem tonaudiometrisch messbaren mittleren
Hörverlust (MHV) des besseren Ohres von 74,48dB Hearing Level (HL) (Spanne
50 - 110dB HL) ausgewertet. Das mittlere Alter zum Zeitpunkt der Messung lag
bei 8;7 Jahren (Spanne 5;3 - 11;11 Jahren).
Aus den vorliegenden Daten wurden zunächst die Leistungen der Referenzgruppe
im Bereich der auditiven Wahrnehmung sowohl ein- als auch mehrsilbiger
Testitems aus einem geschlossenen Set besonders betrachtet, ausgewertet und
hinsichtlich ihrer Beziehung zu dem MHV des besseren Ohrs überprüft. Die dazu
herangezogenen Testverfahren waren der Monosyllable, Trochee, Polysyllable
(MTP) Test sowie der geschlossene Einsilber-Test. Die Berechnung der
Korrelation zwischen dem MHV des besseren Ohrs und der auditiven
Sprachwahrnehmung gemessen am MTP ergab einen Korrelationskoeffizient von
-0.41, beim geschlossenen Einsilber-Test lag der Korrelationskoeffizient mit -0.50
dagegen etwas höher.
Die mittleren Testresultate beider Verfahren lagen bei über 90 % und enthüllten
trotz der heterogenen Probandengruppe einen deutlichen Deckeneffekt. Um mit
diesem Deckeneffekt adäquat umzugehen und die Ergebnisse abzusichern, wurde
ein weiteres Testverfahren (offener Einsilber-Test) zur Prüfung der
angenommenen Beziehung zwischen der auditiven Sprachwahrnehmung und dem
MHV ausgewertet und überprüft. Der Korrelationskoeffizient lag bei -0.52
ebenfalls im mittleren Bereich, wobei sich jedoch eine erheblich größere Streuung
hinsichtlich der Testresultate (M = 69,4 Prozent) zeigte.
Die Prüfung der Korrelation zwischen dem MTP und dem geschlossenen
Einsilber-Test zeigte eine sehr hohe Korrelation, so dass zukünftig auf den
geschlossenen Einsilber-Test verzichtet werden kann, da er zu keinen ergänzenden
Informationen beiträgt.
Berücksichtigt man, dass bereits in vielen Schulen für Hörgeschädigte,
pädagogisch-audiologische Beratungsstellen als fest etablierte Institutionen zu
finden sind, stellt sich ebenfalls die Frage einer Relevanz der Ermittlung des EHL
für diesen Bereich. Bei CI versorgten Schülern ist es in der Regel nicht möglich,
die Hörschwelle ohne CI zu ermitteln. Die Einführung des EHL als einheitliches
Maß ermöglicht, die Hörschwelle dieser Schüler abzuleiten und entsprechend der
bereits mit hörgerätversorgten Schülern gemachten Erfahrungen einzuschätzen
und zu beurteilen. Darüber hinaus ermöglicht die Bestimmung des EHL eine
datengeleitete Förderung und Evaluierung der Förderungsmöglichkeiten über
einen längeren Zeitraum im Sinne einer Follow-up Diagnostik. Der individuelle
Entwicklungsstand eines Schülers im Hinblick auf seine Hör- und
Sprechentwicklung kann so anhand konkreter Daten dokumentiert werden.
Mögliche Defizite können aufgedeckt und ihnen durch die Einleitung
entsprechender Fördermaßnahmen entgegengewirkt werden.
Des Weiteren hat sich bisher bestätigt, dass die Bestimmung des EHL ebenfalls
für einen internen Vergleich der Referenzgruppe von Kindern mit konventionellen
Hörgeräten genutzt werden kann und unter oben genannten Aspekten auch für
diese Gruppe zugänglich gemacht werden sollte.


Posterpräsentationen


Katja Fuchs
Auf Spurensuche. Konzeptionelle Ansätze biographischen Arbeitens mit
älteren Menschen mit geistiger Behinderung.
Diplomarbeit: literarisch
Schwerpunkt: Geistigbehindertenpädagogik


Die Biografiearbeit gewinnt zunehmend an Bedeutung, dies steht mit
gesellschaftlichen Veränderungen in Zusammenhang. In der Vergangenheit wurde
das Leben des Menschen durch Strukturen und Normen von Klasse, Stand,
Kleinfamilie und Kirche geprägt. Diese Vorgaben lenkten das Leben des
Einzelnen in festgesetzte Bahnen. Es existierte eine sog. „Normalbiografie“.
Mittlerweile haben die Pluralisierung und Individualisierung in den westlichen
Gesellschaften zu einer Freisetzung des Individuums von diesen gesellschaftlichen
Vorgaben geführt.
Jeder Person kommt auf der einen Seite ein größeres Maß an Freiheit und
Selbstbestimmung zu, auf der anderen Seite breitet sich ohne gesellschaftliche
Vorgaben Orientierungslosigkeit aus. Dies führt zu einem „Bedarf an
biografischen Sinn, an eigenen Sinngebungsleistungen und somit ein Bedarf an
Auseinandersetzung mit der eigenen Lebensgeschichte und Zukunftsentwürfen“
(Gudjons 1996, 18). Die Biografiearbeit erhält zunehmende Bedeutung, weil sie
als Instrument zur Auseinandersetzung mit der eigenen Lebensgeschichte dient.
In diesem Zusammenhang stellt die Biografie die Geschichte dar, die eine Person
für ihr Leben findet oder erfindet. Es stehen die Aspekte der Lebensgeschichte im
Vordergrund, die für den Einzelnen bedeutsam sind. Das unterscheidet die
Biografie vom Lebenslauf. Dieser erfasst die wichtigen äußeren Daten und basiert
auf Tatsachen. Bei diesem Verständnis von Biografie, wird in der Biografiearbeit
die subjektive Lebensgeschichte einer Person erarbeitet oder bearbeitet.
In der Diplomarbeit hat die Verfasserin aufgezeigt, dass das biografische Arbeiten
auch ein adäquates Angebot für ältere Menschen mit einer geistigen Behinderung
darstellt. Obwohl die Biografiearbeit in den letzten Jahren immer populärer
geworden ist, wurde das lebensgeschichtliche Arbeiten mit diesem Personenkreis
bislang vernachlässigt. In der Diplomarbeit wird ein eigener konzeptioneller
Ansatz für einen Seniorenbildungskurs entwickelt, der sich speziell an alte
Menschen mit geistiger Behinderung richtet.
Die Arbeit lässt sich in zwei Teile gliedern: in die inhaltlichen Überlegungen und
die konzeptionellen Überlegungen. Dieses Grundgerüst zum Aufbau eines
konzeptionellen Ansatzes hat die Verfasserin den Ausführungen von Schilling
entnommen (vgl. 2004). Es bleibt bei den konzeptionellen Überlegungen, da für
ein vollständiges Konzept die Durchführung und Auswertung folgen müsste.
Bei den inhaltlichen Überlegungen werden alle relevanten Informationen
zusammengetragen. Es handelt sich somit um die theoretische Verankerung der
konzeptionellen Überlegungen. Da sich die konzeptionellen Überlegungen auf die
biografische Gruppenarbeit im Rahmen eines Seniorenbildungskurses für alte
Menschen mit geistiger Behinderung beziehen, ergeben sich für die inhaltlichen
Überlegungen drei Themenbereiche: 1. Alte Menschen mit geistiger Behinderung
(Zielgruppe), 2. Erwachsenen- bzw. Seniorenbildung (Rahmen), 3. Biografiearbeit
mit alten Menschen mit geistiger Behinderung (Methode).
Bezüglich der Zielgruppe wurden z.B. Fragen erläutert wie: „Wann können
Menschen mit geistiger Behinderung als alt bezeichnet werden?“, „Welche
Besonderheiten ergeben sich für diese Zielgruppe in der Biografiearbeit?“. Zu der
Erwachsenen- und Seniorenbildung sind Grundsätze herausgearbeitet worden, die
für das Arbeiten mit dieser Zielgruppe und die Biografiearbeit von Bedeutung
sind. Bei dem dritten Teil sind zunächst allgemeine Informationen zur
Biografiearbeit gesammelt worden zu Zielen, Grundsätzen, Formen u.Ä. Danach
wurden Besonderheiten für das biografische Arbeiten herausgestellt, die sich bei
alten Menschen mit geistiger Behinderung ergeben. Besonders bei Menschen mit
geistiger Behinderung, die die meiste Zeit ihres Lebens in Institutionen gewohnt
haben, ist ein großer Teil des Lebens fremdbestimmt verlaufen. Es handelt sich
dann um sog. „Institutionsbiografien“. Dies und viele weitere Aspekte müssen
berücksichtigt werden.
In dem zweiten Teil der Arbeit werden die konzeptionellen Überlegungen
vorgestellt.
Die Basis bildet ein qualitatives Interview mit vier Frauen mit geistiger
Behinderung zwischen 55 und 72 Jahren, die die meiste Zeit ihres Lebens in einer
Komplexeinrichtung gewohnt haben. Die Frauen werden zu ihren Erinnerungen
an die Vergangenheit befragt. Das Material aus den Interviews wird über eine
qualitative Inhaltsanalyse ausgewertet. Aus den Ergebnissen der Analyse werden
Ziele für ein mögliches Konzept abgeleitet. Im weiteren Verlauf werden konkrete
methodische Schritte ausgewählt, durch die die Ziele erreicht werden können. Das
Ergebnis sind acht vollständig geplante Kurstreffen. Inhaltlich handelt es sich
insbesondere um eine aktivitätsorientierte Biografiearbeit, d.h. es steht das
kreative Arbeiten im Vordergrund weniger eine gesprächsorientierte Arbeit z.B.
durch das Singen von Kinderliedern, alten Schlagern o.Ä.
Es ist wichtig, Menschen mit geistiger Behinderung mehr Angebote zum
biografischen Arbeiten zu ermöglichen, damit auch dieser Personenkreis sich mit
der eigenen Biografie/ den eigenen Wurzeln auseinandersetzen bzw. vertraut
machen kann. Eine mögliche Form sind Erwachsenen- bzw.
Seniorenbildungskurse.
Zudem müssen mehr Möglichkeiten für Menschen mit einer schweren geistigen
Behinderung gefunden werden sowie ein Bewusstsein bei den betreuenden
Personen für die Bedeutung der Biografie geschaffen werden.

Isabel Lindner
Kunst, Kunsttherapie und Demenz
Diplomarbeit: empirisch
Schwerpunkt: Kunsttherapie


Vor dem Hintergrund demographischer Umwälzungen entwickelt sich die
Auseinandersetzung mit dem Krankheitsbild „Demenz“ zu einer immer
dringlicher werdenden gesellschaftlichen Aufgabe, denn der kontinuierlich
wachsende Anteil älterer Menschen wird einen dramatischen Anstieg der
Krankenzahlen mit sich bringen. Diesem zunehmenden Bedarf steht jedoch ein
äußerst dürftiges Angebot an nicht-medikamentösen Therapieansätzen gegenüber,
deren Evaluation zudem nur sehr schleppend voran schreitet. Dies ist extrem
beklagenswert, da die Erkrankung, die medikamentös derzeit nicht zum Stillstand
gebracht werden kann, mit einem äußerst hohen Leidensdruck einhergeht. Auch
die Kunsttherapie reiht sich hierbei nur allzu gut in den vorhandenen Missstand
ein: Im deutschsprachigen Raum stehen spärliche konzeptuelle Publikationen
noch spärlicheren Evaluationsstudien gegenüber. Um einen Beitrag zur
Überwindung dieser gravierenden Diskrepanz zwischen wachsendem Bedarf
einerseits und mangelnder Etablierung der Kunsttherapie andererseits zu leisten,
wurde eine eigene Untersuchung konzipiert. Dabei konnte nicht die Überprüfung
einer oder mehrerer aus dem (als zu schmal empfundenen) theoretischempirischen
Hintergrund abgeleiteten Hypothesen im Mittelpunkt stehen. Im
Gegenteil: Im Rahmen der Untersuchung sollte die kunsttherapeutische Arbeit mit
Demenzerkrankten zunächst auf möglichst breiter Basis beschrieben werden – um
so erst Hypothesen generieren zu helfen, die einer weiteren empirischen
Überprüfung unterzogen werden könnten. Der Forschungsfokus lag dabei auf
einer praxisorientierten Erfassung von Rahmenbedingungen und Konzepten im
deutschsprachigen Raum sowie der Möglichkeiten und Grenzen des Einsatzes von
Kunsttherapie bei Demenzerkrankten. Darüber hinaus wurde jedoch auch ein rein
praktisches Anliegen verfolgt: Es sollten möglichst viele auf diesem Gebiet tätige
KunsttherapeutInnen einbezogen werden, um zum Aufbau eines Netzwerkes und
somit zum Ausbau von Austauschmöglichkeiten beizutragen. Um eine adäquate
Verfolgung beider Zielsetzungen zu gewährleisten, wurde als Erhebungsverfahren
die schriftliche Befragung gewählt. Hierfür wurde ein Fragebogen konstruiert, der
neun Themenbereiche anhand von 55 sowohl geschlossenen als auch offenen
Fragen abhandelte. Dieser wurde – nachdem er auf der Basis von
Voruntersuchungsdaten optimiert worden war – 18 KunsttherapeutInnen (v.a. in
Deutschland, aber auch in Österreich und der Schweiz) zugesandt. Von den insg.
14 zurückerhaltenen Fragebögen, die in digitalisierte und anonymisierte Form
gebracht wurden, konnten 10 in die Auswertung einbezogen werden. Die hierbei
anhand der qualitativen zusammenfassenden Inhaltsanalyse (Mayring, 2003),
induktiven Kategorienbildung (ebd.) und deskriptiven Statistik gewonnen
Ergebnisse sind sehr vielschichtig und wurden im Rahmen der Diplomarbeit auf
zwei Arten dargestellt: Einerseits wurden – vornehmlich gestützt auf die
qualitative zusammenfassende Inhaltsanalyse – Einzelfälle exemplarisch
beschrieben, andererseits erfolgte eine vom Einzelfall abstrahierende Darstellung,
die sich insb. auf die deskriptivstatistische Auswertung der geschlossenen Fragen
sowie die Ergebnisse der induktiven Kategorienbildung stützte; letztere Form der
Ergebnisdarstellung soll im Rahmen des Präsentationstages im Mittepunkt stehen.
Die Ergebnisse, die in der Diplomarbeit ausführlich (sowohl unter inhaltlichen als
auch methodischen Gesichtspunkten) diskutiert wurden, waren im zweifachen
Sinne ermutigend: Einerseits konnte sowohl hinsichtlich der Rahmenbedingungen,
als auch der einbezogenen Krankheitsstadien, der zugrunde liegenden Konzepte,
der verwendeten Materialien, Methoden und Verfahren und somit hinsichtlich der
Möglichkeiten des Einsatzes von Kunsttherapie bei Demenzerkrankten eine ganze
Bandbreite aufgezeigt werden, andererseits konnten durch die Ergebnisse eine
ganze Menge weiterer Fragestellungen und Hypothesen generiert werden. Jedoch
nicht nur unter inhaltlicher, sondern auch unter praktischer Perspektive ergaben
sich ermutigende Konsequenzen: Es konnte eine Liste von knapp 20
KunsttherapeutInnen erstellt werden, die den TeilnehmerInnen zusammen mit
einem Exemplar der Diplomarbeit zugesandt wurde.


Peter Mai
Heilpädagogisch orientierte Kunsttherapie - ein integratives Modell
entwickelt als Ansatz auf der Basis synoptischer Analysen
Diplomarbeit: literarisch
Schwerpunkt: Kunsttherapie


Einleitung
Vor nun beinahe einundzwanzig Jahren veröffentlicht Hans-Günther Richter sein
Modell einer „Pädagogischen Kunsttherapie“. Die hierin vollzogene pädagogische
Wende zum Subjekt ist Herzstück der ersten Didaktik überhaupt, welche die
therapeutischen Potentiale der Kunst innerhalb einer ästhetischen Erziehung für
Kinder und Jugendliche mit Behinderungen oder Beeinträchtigungen systematisch
zugänglich macht. Die an den Bedürfnissen und Interessen der Schüler
orientierten bildnerischen Gestaltungen und Aktivitäten ermöglichen den
Heranwachsenden Erfahrungen an der Sache Kunst, die sowohl bildende,
präventive als auch entlastende und therapeutische Anteile entfalten. Diese von
Richter wissenschaftlich fundierten Wirkungsphänomene der Kunst sind nicht
etwa Bestandteil einer medizinischen Behandlung oder fremdbestimmten
Einwirkung, sondern werden von den Malenden, Plastizierenden, Bauenden,
Spurschmierenden usw. erst in der eigenen ästhetischen Selbsttätigkeit
erschlossen. Im Sinne einer solchen wachstumsfördernden Eigentätigkeit siedeln
sich die pädagogisch-kunsttherapeutischen Verfahren im Kontext einer modernen,
ressourcenorientierten und ganzheitlich ansetzenden Heilpädagogik an. Mit
einundzwanzig Jahren ist die Pädagogische Kunsttherapie noch jung, dennoch ist
sie bereits in vielfältiger Weise gerade in Hinblick auf die Erschließung neuer
Praxisfelder neben Kunstunterricht und Kunstprojekten weiterentwickelt worden.
Ein wiederum zusammenführender theoretischer Überblick über jene neuen
Entwicklungen im Feld einer heilpädagogisch orientierten Kunsttherapie blieb im
wissenschaftlichen Bereich bislang unbearbeitet. Die Arbeit nimmt sich dieser
Aufgabe einer aktuellen Standortbestimmung heilpädagogischkunsttherapeutischer
Ansätze an, wobei vornehmlich zwei Hauptanliegen verfolgt
werden sollen:
Zentrale Fragestellungen
Der Hauptfokus des Untersuchungsinteresses liegt zum einen auf der
systematischen Aktualisierung, Strukturierung und Sicherung wesentlicher
grundlagentheoretischer und konzeptioneller Weiterentwicklungen aus den
zurückliegenden ersten zwanzig Jahren dieser ästhetischen Therapie- wie auch
Bildungsform. Gleichzeitig verfolgen die auf der Basis von Literaturstudien
angelegten Sichtungen zum anderen die Anbahnung einer Entwicklung eines
integrativen Modells heilpädagogisch orientierter Kunsttherapie auf der Grundlage
synoptischer Bündelungen und Systematisierungen der einzelnen Ansätze und
Verfahren .Diese Integration geschieht nicht zuletzt in Hinblick auf eine immer
komplexer werdende Praxis, der sich die Formen einer heilpädagogisch
orientierten Kunsttherapie stellen müssen. Im fachlichen Diskurs werden
vielschichtige soziokulturelle Phänomene und Wandlungsprozesse identifiziert,
die sich in einem noch nie da gewesenen Maße negativ auf individuelle
Entwicklungsprozesse und Identitätsausbildungen auswirken. Die Überlegungen
des Verfassers zielen vor diesem Hintergrund auf eine integrative, Synergien
nutzende, in ihren Ansätzen und Methoden flexible heilpädagogischkunsttherapeutische
Praxis, die nicht zuletzt dem Anspruch gerecht werden muss,
sich stets an den individuellen Bedürfnissen ihrer Adressaten auszurichten.
Theorienvergleich - Synopse als Methode
Ausgangspunkt zur Annäherung an die formulierten Zielsetzungen bildet das die
gesamte Studie durchziehende Stilmittel des systematischen Vergleichs. Sowohl
die in den einzelnen heilpädagogisch-kunsttherapeutischen Ansätzen
vorgefundenen zentralen Begriffe (Spannungsfeld Kunst – Pädagogik – Therapie)
und historischen Bezüge (Philosophie, Kunstpädagogik, Heilpädagogik), als auch
die Identifizierung ihrer Theorien und Methoden (theoretische Grundannahmen,
Wirkfaktoren des ästhetischen Mediums, Methoden, Aspekte der praktischen
Umsetzung) werden differenziert über eine Zusammenschau in jeweils thematisch
abschließenden Schemata zusammengeführt. Die synoptische Darstellung erlaubt
einerseits einen vielfältigen Gesamteindruck über spezifische Reichweiten,
andererseits gerade aber auch den analysierenden Vergleich, das Auffinden von
Konvergenzen und Divergenzen der vorgestellten heilpädagogischkunsttherapeutischen
Ansätze. Angestrebt wird über diese synoptischen Analysen
sozusagen eine „Re-Integration“ bzw. wechselseitige Fruchtbarmachung der
Konzeptinhalte zu einem ersten Entwurf und Rahmenkonstrukt der Elemente eines
integrativen Modells heilpädagogisch orientierter Kunsttherapie.
Ergebnisse
Die elementaren Begriffe des Gegenstands der Studie „Kunst“, „Pädagogik“ und
„Therapie“ sind die spannungsreichen Pole, zwischen denen sich eine
heilpädagogisch orientierte Kunsttherapie positioniert. Aber gerade in diesem
Spannungsfeld, in den fließenden Übergängen zwischen den konstituierenden
Begriffen entwickelt sie ihre spezifischen Potentiale. Die pädagogische
Ausrichtung der Therapie ermöglicht ein subjektzentriertes, ressourcenorientiertes
Vorgehen, das einem ganzheitlichen Menschenbild gerecht werden will. Zwischen
Kunst und Therapie vermag die heilpädagogisch orientierte Kunsttherapie die
wissenschaftlich fundierten präventiven und rehabilitierenden Wirkweisen der
Kunst zu nutzen, die der Adressat in ästhetischer Eigentätigkeit für sich erschließt.
Die Kunstpädagogik bietet dafür vielfältige Verfahren, durch welche auch die
ästhetische Kommunikationsfähigkeit gefördert wird. Ästhetische Erfahrungen
werden durch diesen Bezug innerhalb der heilpädagogisch orientierten
Kunsttherapie in pädagogisch-didaktisch gestalteten Handlungsräumen
ermöglicht. Mit diesem Profil kann die heilpädagogisch orientierte Kunsttherapie
aus einer traditionsreichen, prominenten Vergangenheit hergeleitet werden
(Georgens und Deinhardt, Fröbel, Pestalozzi etc). In seiner Konzeption der
Pädagogischen Kunsttherapie bezieht sich Hans-Günther Richter auf diese
historische Tradition. Er selbst wird wiederum zum Ausgangspunkt vieler
Weiterentwicklungen im heilpädagogisch orientierten Bereich der Kunsttherapie,
der im Vergleich zu anderen Kunsttherapierichtungen eine breite
wissenschaftliche Fundierung vorweisen kann. Die Wirkfaktoren der Kunst
werden nicht im Nebulösen gelassen oder erst gar nicht beachtet, sondern
theoretisch erklärt und praktisch nutzbar gemacht. Die vielfältigen Methoden einer
heilpädagogisch orientierten Kunsttherapie lässt sie ein Praxisfeld erschließen, das
vom Kunstunterricht der Regelschule und Sonderschule, sozial- und
heilpädagogischen Einrichtungen bis zur klinisch-neurologischen Nutzung und
dem Einsatz in der Psychiatrie reicht.
Die Konstituierung eines integrativen Modells heilpädagogisch orientierter
Kunsttherapie, ausgehend von der Systematisierung bestehender relevanter
Ansätze, schafft eine Bündelung der gemachten Weiterentwicklungen und neuen
Erkenntnisse in diesem Feld. Die Subjektzentrierung, das empathische Eingehen
auf die Interessen und Bedürfnisse der Adressaten erhält die Grundlage eines
breiteren Methodenhintergrunds aber auch vermehrter theoretischer Einsichten,
von denen die Schüler, Klienten und Patienten profitieren können.
Für dieses Modell konnten im Rahmen der vorliegenden Studie nur grundlegende
Überlegungen angestellt werden, die eine künftige Konzeption vorbereiten. Diese
muss ohnehin in einem ständigen Theorie-Praxistransfer entwickelt und evaluiert
werden, sich sozusagen den Realitäten der Praxis stellen.
Fazit
Die Standortbestimmung der gegenwärtigen heilpädagogisch orientierten
Kunsttherapie verdeutlicht, dass sie sowohl für das Bildungs- als auch für das
Gesundheitswesen von Bedeutung und großer Relevanz ist. Für die pädagogischen
Prinzipien der Integration und Inklusion generiert sie ein ideales Praxisfeld, das
ästhetische Medium bietet Zugangs- und Verwirklichungsmöglichkeiten für alle.
Im Rahmen des Gesundheitswesens kann sie als komplementäre, eigenständige
Therapie in Kooperation zu medizinischen und psychotherapeutischen
Behandlungsansätzen treten.


Nira Unger
Emotionsregulation von Kleinkindern durch Tierkontakte - Eine empirische
Studie zur Wirkung von Tierkontakten (Kaninchen) auf Kleinkinder zur
Bewältigung kurzer Trennungssituationen von der Bindungsperson
Diplomarbeit: empirisch
Schwerpunkt: Erziehungshilfe


Einleitung
Die Tiergestützte Pädagogik ist ein weitestgehend unerforschtes Gebiet. Dabei
berichten (Heil-)Pädagogen und Therapeuten von positiven Effekten durch
Tierkontakte bei Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen. Vor allem die positive
emotionale Wirkung der Tiere wird oft erfahren und beschrieben. Die Studie baut
auf drei theoretischen Themenkomplexen auf:
Emotionen und ihre Entwicklung im Säuglings- und Kleinkindalter, um das
beobachtete Verhalten der Kinder während des Experiments interpretieren zu
können; Eltern-Kind-Bindung als Grundlage von Bindungsmustern und -verhalten,
um den Einfluss des Tierkontakts im Experiment beurteilen zu können; Mensch-
Tier-Beziehung mit Erklärungsansätzen zur allgemeinen Wirkungsweise,
insbesondere zu den sozial-emotionale Effekte.
Fragestellung
Die Studie untersucht, ob und inwiefern der Tierkontakt (Kaninchen) Auswirkung
für Kleinkinder zur Bewältigung kurzer Trennungssituationen von der
Bindungsperson hat. Das Hauptaugenmerk liegt auf der Untersuchung des
Emotionsausdrucks und der Regulationsstrategien der Kinder. Gleichzeitig sind
das Bindungsverhalten und die Reaktion auf die Kaninchen bedeutsam.
Untersuchungsmethode
Die Studie wurde mit sechs Kindern (10 bis 31 Monaten) und deren Müttern
durchgeführt. Die eingesetzten Tiere waren zwei Kaninchen. Es handelt sich um
ein Laborexperiment, welches an den Fremde-Situation-Test von Mary Ainsworth
angelehnt ist. Jeweils ein Mutter-Kind-Paar betrat einen mit Spielmaterial
ausgestatteten, fremden Raum. Nach einer kurzen Orientie