Wechselwirkungen von Diskriminierung und Exklusion am Beispiel (nicht) behinderter Menschen. Eine Analyse im Anschluss an Pierre Bourdieu

Doktorand: Dipl.-Soz. Arne Müller

 

  • Erstgutachterin: Prof. Dr. Anne Waldschmidt, Universität zu Köln, Humanwissenschaftliche Fakultät
  • Zweitgutachterin: Prof. Dr. Susanne Völker, Universität zu Köln, Humanwissenschaftliche Fakultät
  • Abschluss des Promotionsverfahrens an der Universität zu Köln: 14.12.2016

Obgleich die Anti-Diskriminierungspolitik auf nationaler und supranationaler Ebene derzeit ein beachtetes Feld darstellt, ist die soziologische Analyse des Phänomens der Diskriminierung noch lückenhaft. Bislang wurde Diskriminierung eher der Disziplin ‚Sozialpsychologie‘ überantwortet. Die einschlägigen und doch im engeren Sinn wenig soziologischen Erkenntnisse zur Diskriminierung stammen aus der Forschung zu Ethnizität und Rassendiskriminierung, ohne allerdings allgemeine Erklärungen oder gar ein soziologisches Modell der Diskriminierung zu offerieren. Die klassische soziologische Ungleichheitsforschung versucht wiederum, Benachteiligungen eher durch die sozioökonomische Position der Individuen oder Unterschiede im formalen Bildungsniveau zu erklären. Dazu ‚quer‘ stehende Differenzen (Alter, Geschlecht, Nationalität, Weltanschauung, Religion, Behinderung etc.) werden für die Begründung von sozialen Ungleichheiten eher vernachlässigt. Dabei stellen eben diese Differenzen aus soziologischer Sicht sog. Diskriminierungsressourcen (vgl. Hormel/Scherr 2006) dar und erscheinen für die Zuweisung der Position im sozialen Raum (vgl. dazu Bourdieu 1998) als wichtige Determinanten.

Dieses Forschungsprojekt möchte zur soziologischen Diskriminierungsforschung beitragen, indem es die Diskriminierung behinderter Menschen fokussiert. Als Beitrag zur sozialen Ungleichheitsforschung soll untersucht werden, inwieweit horizontale Ungleichheiten maßgeblich für die Chancenverteilung und damit für die Positionierung des Individuums im sozialen Raum sind. Dies soll unter Zuhilfenahme der theoretischen Erkenntnisse Pierre Bourdieus erfolgen. Dazu ist eine empirische Erhebung geplant, um zu erkunden, ob es bei behinderten Menschen in der heutigen bundesdeutschen Gesellschaft zu Diskriminierungen kommt und inwieweit diese Diskriminierung mit der Ungleichheitskategorie Behinderung korreliert. Fragestellung ist, ob es sich bei der Dimension der Behinderung als horizontale Ungleichheitskategorie per se um ein auslösendes Moment für Diskriminierungen handelt oder ob diese eher kumulativ bei deprivierten Lebenslagen als Einflussfaktor in Erscheinung tritt. Analog zu Bourdieus breit angelegter Erhebung zu „den feinen Unterschieden" müssen dazu möglichst alle in Deutschland existenten Lebenslagen einer Sekundäranalyse unterzogen werden (vgl. Vester et al. 2001), um aus diesen Daten Kriterien für die Auswahl von möglichst typischen Interviewpartnern zu gewinnen. Die Ergebnisse dieser Untersuchung sollen es ermöglichen, anhand der Diskriminierung behinderter Menschen ein allgemeines soziologisches Modell der Diskriminierung zu entwerfen.

Geplanter Projektzeitraum: 2009-2014

 

Literatur:

Bourdieu, Pierre (1998). Die feinen Unterschiede. Kritik der gesellschaftlichen Urteilskraft. Frankfurt a. M. (Suhrkamp).

Hormel, Ulrike / Scherr, Albert (2006). Ungleichheiten und Diskriminierung. In: Scherr, Albert (2006). Soziologische Basics. Eine Einführung für Pädagogen und Pädagoginnen. Wiesbaden (VS Verlag für Sozialwissenschaften). S. 181-186.

Vester, Michael et al. (2001). Soziale Millieus im gesellschaftlichen Strukturwandel. Zwischen Integration und Ausgrenzung. Frankfurt a. M. (Suhrkamp).